Patienten mit Diabetes, die kein Insulin spritzen, müssen ihre Blutzuckerteststreifen in der Apotheke künftig selbst bezahlen. Denn auf Rezept wird es die Streifen für sie nicht mehr geben. Sie werden aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Einschränkung beschlossen. Seiner Einschätzung nach profitieren nicht-insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker nicht von der Selbstmessung. In bestimmten Ausnahmefällen soll es die Teststreifen aber weiterhin auf Rezept geben.
„Man braucht sie bei instabiler Stoffwechsellage, zum Beispiel bei interkurrenten Erkrankungen, bei Ersteinstellung, bei Therapieumstellungen oder bei anderen Schwankungen, zum Beispiel, wenn man anfängt, Sport zu treiben“, sagt Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des G-BA. „In diesen Fällen haben wir eine Ausnahmemöglichkeit ausdrücklich geschaffen, um dann auch bei nicht-insulinpflichtigen Diabetikern diese Teststreifen zu Lasten der Krankenkassen zu verordnen. Pro Fall einer solchen Schwankung sind es in der Regel dann bis zu 50 Teststreifen, weil sich das Ganze allenfalls auf einen Zeitraum von zwei Wochen beschränkt.“
Der G-BA führt den hohen Verbrauch an Teststreifen in der Vergangenheit auch auf Marketingaktivitäten der Hersteller zurück. Sie hätten Patienten kostenlos mit Messgeräten versorgt und dadurch erst eine Nachfrage geschaffen. Die Krankenkassen begrüßen deshalb die Einschränkung.
„Das ist eine gute, eine vernünftige Entscheidung, denn sie verhindert, dass Leute etwas anwenden, das sie für ihre eigene Gesundheit nicht brauchen. Es schützt sie vor unnötigen Maßnahmen. Das Pieksen in den Finger ist auch nicht sonderlich beliebt“, sagt Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes. „Zum anderen spart es Geld. Wir schätzen, dass Einsparungen in der Größenordnung von 150 bis 200 Millionen Euro pro Jahr möglich sind. Das ist Geld, das die Beitragszahler und damit auch die Krankenkassen für besseres ausgeben können.“
Diabetikerorganisationen hatten bereits im Vorfeld gegen den Ausschluss demonstriert. Nach Schätzungen des Deutschen Diabetiker Bundes sind etwa 4 Millionen Patienten von dem Beschluss betroffen. Die Patientenvertreter geben sich weiter kämpferisch. „Wir werden den Bundesgesundheitsminister auffordern, den Beschluss nicht in Kraft zu setzen. Wenn er nicht widerspricht, werden wir prüfen, inwieweit wir über Musterklagen mit Betroffenen das Recht umsetzen können“, sagt Manfred Flore, Geschäftsführer des Deutschen Diabetiker Bundes.
Der Beschluss wird nun vom Ministerium geprüft. Wegen vorgesehener Übergangsfristen wird der Ausschluss aus dem Leistungskatalog frühestens im Herbst in Kraft treten. Typ-2-Diabetiker, die weiterhin ihren Blutzucker selbst messen wollen, müssen dies dann selbst bezahlen. Der Deutsche Diabetiker Bund rechnet mit Kosten von 200 bis 300 Euro im Jahr. Ob die Patienten die Teststreifen auf eigenen Kosten in der Apotheke kaufen werden, bleibt abzuwarten.
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