Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nutzt die aktuellen Zahlen zur Finanzlage der Krankenkassen, um sich erneut für die eigenen Spargesetze im Arzneimittelsektor zu loben. Der Herstellerabschlag zeige schon seit August 2010 Wirkung, mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) könnten die Kassen seit Januar sogar die Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel verhandeln. Auch die Vergleichspreise für Impfstoffe sowie neue Festbeträge und Rabattverträge hätten die Kassen entlastet, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Die Apotheken und ihren Sparbeitrag von mehreren hundert Millionen Euro erwähnt das BMG nicht.
Besonders fair ist das nicht: Die frühe Nutzenbewertung hat schon jede Menge Ärger, aber noch keinen einzigen Cent Einsparungen eingebracht. Auch die Impfstoff-Referenzpreise gehen gerade erst in die heiße Phase. Für die Apotheken wurde dagegen zum Jahreswechsel der Kassenabschlag für zwei Jahre auf 2,05 Euro festgeschrieben. Die Regierung verspricht sich davon Einsparungen von 200 Millionen Euro.
Hinzu kommen für viele Apotheken die schlechteren Einkaufsbedingungen beim Großhandel. Weil dessen Vergütung erst 2012 umgestellt wird, müssen die Grossisten in diesem Jahr einen Sonderabschlag von 0,85 Prozent bezahlen. Mit Verweis auf die eigene Ertragslage hatten die Großhändler die Belastung zum Teil an die Apotheken weitergegeben. Auch diese Einsparungen spielen in der Wahrnehmung des BMG offenbar keine Rolle.
Ohnehin wird der Rückgang der Arzneimittelausgaben um 6,3 Prozent durch Steigerungen in anderen Bereichen wieder aufgefressen: Die Kosten in der anbulanten Versorgung stiegen um 2,3 Prozent, in der Prävention um 5,2 Prozent. Die Ausgaben für Krankenhäuser kletterten um 4,6 Prozent, das Krankengeld sogar um 9,6 Prozent. Auch die Verwaltungskosten der Krankenkassen stiegen weiter um 1,3 Prozent. Hier fordert das BMG eine Korrektur im Verlauf des Jahres: Laut dem GKV-Finanzierungsgesetz dürfen die eigenen Kosten der Kassen in diesem und dem kommenden Jahr gegenüber 2010 eigentlich nicht steigen.
Insgesamt haben die Krankenkassen in den Monaten Januar bis Juni fast 92 Milliarden Euro eingenommen, bei Ausgaben von gut 89 Milliarden Euro. Allerdings stiegen die Ausgaben im zweiten Halbjahr erfahrungsgemäß an, warnt das BMG vor allzu großen Hoffnungen.
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