Kaffee gilt als Tabu für Patient:innen mit Vorhofflimmern. Eine aktuelle Studie hat diese Behauptung auf den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis: Das Rückfallrisiko bei den Kaffeetrinkern war deutlich geringer.
Die Rolle von Koffein bei kardiovaskulären Erkrankungen ist ein anhaltender Diskussionspunkt. Bei Patient:innen mit Vorhofflimmern (AF) wird traditionell eine strikte Abstinenz empfohlen, da Koffein als proarrhythmisch gilt. Diese klinische Praxis stützte sich bislang jedoch kaum auf randomisierte, kontrollierte Studien.
In der sogenannten DECAF-Studie (Does Eliminating Coffee Avoid Fibrillation) untersuchten Wissenschaftler:innen an fünf Krankhäusern in den USA, Kanada und Australien, ob sich diese Annahme tatsächlich nachweisen lässt. Sie prüften die Wirkung von Koffein im Vergleich zu abstintenten Patient:innen auf das Wiederauftreten von Vorhoffflimmern.
An der Studie nahmen 200 Erwachsene mit AF teil, die unter unregelmäßigem, schnellem Herzrhythmus litten. Sie waren im Durchschnitt 69 Jahre alt, 71 Prozent waren männlich. Kurz vor Studienbeginn wurden ein gleichmäßiger Herzrhythmus mittels elektrischer Kardioversion – vereinfacht gesagt einem kurzen Elektroschock – wiederhergestellt.
Alle konsumierten üblicherweise mindestens eine Tasse Kaffee pro Tag. Die Hälfte der Teilnehmenden nahm bereits Medikamente zur Vorbeugung von Herzrhythmusstörungen ein und setzte die Einnahme der verschriebenen Medikamente während der gesamten Studie fort.
„Wir haben diese Studie durchgeführt, um zu untersuchen, ob koffeinhaltiger Kaffee das Risiko für Vorhofflimmern erhöht oder verringert. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip entweder der Gruppe zugeteilt, die weiterhin täglich mindestens eine Tasse koffeinhaltigen Kaffee trank, oder der Gruppe, die sechs Monate lang auf jegliches Koffein verzichtete“, erklärte Studienleiter Christopher X. Wong, Professor für Kardiologie an der University of Adelaide in Australien.
Das Ergebnis: Das Wiederauftreten von Arrhythmien war in der Kaffeegruppe mit 47 Prozent deutlich geringer als in der Abstinenzgruppe mit 64 Prozent. Das relative Risiko für ein Wiederauftreten war bei den Kaffeetrinkern damit um 39 Prozent niedriger als bei denen, die vollständig verzichteten. Ein ähnlicher Vorteil zeigte sich auch bei der alleinigen Betrachtung des Wiederauftretens von Vorhofflimmern. Es gab keine signifikanten Unterschiede bei unerwünschten Ereignissen zwischen den beiden Gruppen.
„Unsere Studienergebnisse legen nahe, dass koffeinhaltiger Kaffee möglicherweise nicht für die Erhöhung des Risikos von Vorhofflimmern verantwortlich ist und es sogar verringern könnte“, erklärte der leitende Studienautor Gregory M. Marcus, Professor für Medizin an der University of California, San Francisco.
In der DECAF-Studie wurden nur Personen eingeschlossen, die bereits Kaffee trinken. Zukünftige Studien könnten untersuchen, ob Vorhofflimmer-Episoden bei Menschen reduziert werden, die zum ersten Mal mit dem Konsum von Kaffee oder anderen koffeinhaltigen Getränken beginnen. Da die Teilnehmenden etwa eine Tasse Kaffee pro Tag konsumierten, sind die Ergebnisse möglicherweise nicht auf Personen übertragbar, die mehr Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke wie Energy-Drinks zu sich nehmen.
„Es ist nachvollziehbar, dass medizinische Fachkräfte ihren Patienten mit Vorhofflimmern die Möglichkeit geben, mit natürlich koffeinhaltigen Substanzen zu experimentieren, die ihnen möglicherweise schmecken, wie zum Beispiel koffeinhaltiger Tee und Kaffee. Allerdings kann es vorkommen, dass Koffein oder koffeinhaltiger Kaffee bei manchen Menschen Vorhofflimmern auslöst oder verschlimmert“, betonte Marcus.
Die Studie mit dem Titel „Caffeinated Coffee Consumption or Abstinence to Reduce Atrial Fibrillation: The DECAS Randomized Clinical Trial“ wurde kürzlich in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht.
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