Wie Abstrich

Grippe: Schnelltest per Kaugummi

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Berlin -

Um eine Influenza im Labor zu diagnostizieren, war bisher ein Abstrich nötig. An der Universität Würzburg wird aktuell eine neue Methode getestet: Die Virenlast wird mit Kaugummis oder Lutschern individuell erschmeckt.

Ein Forschungsteam aus Würzburg, Braunschweig und Köln entwickelt derzeit ein neues Diagnostik-Tool für Grippeviren. Damit sollen Anwender:innen einfach per Kaugummi oder Lutscher selber erschmecken, ob sie infiziert sind. Der Pharmazieprofessor Dr. Lorenz Meinel hat die Grundlagen im Fachjournal ACS Central Science vorgestellt.

Der Test sei jederzeit und überall durchführbar, so die Forschenden. Ein Kaugummi reagiert mit dem Speichel infizierter Personen und setzt einen Geschmacksstoff frei. Mithilfe des Sensormoleküls Thymol und einem virusspezifischen Zuckerbaustein ändert der Kaugummi seinen Geschmack, wenn im Speichel Grippeviren vorhanden sind.

Test für verschiedene Erreger

„Das Testprinzip ist flexibel“, so die Forschenden. „Sowohl der Geschmacksträger als auch der Erkennungsbaustein lassen sich anpassen.“ So könne der Schnelltest etwa mit süßen, bitteren oder salzigen Geschmacksrichtungen ausgestattet werden – auch kindgerecht. „Das neue Diagnose-Tool lässt sich auch auf andere Krankheitserreger übertragen.“

Das neue Prinzip könnte die Grippediagnostik künftig einfach, kostengünstig und schnell machen, erklärt Meinel. Betroffene würden innerhalb weniger Minuten eine Infektion erkennen. „Ganz ohne Labor, Strom oder medizinisches Personal“, so Meinel. Im Mund nicht-infizierter Personen dagegen würde nichts passieren, so der Experte. „Diese Strategie eröffnet neue Möglichkeiten für die weltweite Früherkennung und Bekämpfung der Influenza.“

Dauert noch vier Jahre

Aktuell arbeite das Forschungsteam daran, die Sensoren in Kaugummis oder Lutscher einzuarbeiten und „das diagnostische System für eine massenhafte Produktion“ tauglich zu machen. Der Entwicklungsprozess werde voraussichtlich rund vier Jahre dauern, erklären die Forschenden. In Zukunft eignen sich derartige Anwendungen besonders für neuralgische Punkte wie Schulen, Kindergärten oder Altersheime, so Meinel. „Gerade in ärmeren Ländern könnten sie bei der Eindämmung von Infektionsherden von entscheidender Bedeutung sein.“

Grippe in Echtzeit verfolgen

Sobald eine Anwendung verfügbar sei, möchten die Forschenden alle Nutzerinnen und Nutzer auf freiwilliger Basis bitten, positive Influenza-Testergebnisse mit einer Smartphone-App festzuhalten. „Diese Daten könnten ein bislang nicht erreichbares Online-Lagebild ermöglichen, um die Ausbreitung von Influenzaviren in Echtzeit zu verfolgen“, so Meinel.

Mit künstlicher Intelligenz wären dann auch Vorhersagen möglich: „Das würde es der Weltgesundheitsorganisation, Regierungen, Kommunen oder auch Einzelpersonen ermöglichen, frühzeitig Vorsichtsmaßnahmen einzuleiten.“

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