Nutzenbewertung

Finale im ersten AMNOG-Verfahren

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Allen Turbulenzen zum Trotz: Das erste Verfahren der frühen Nutzenbewertung geht in die finale Runde. Am Dienstag wird das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sein Gutachten zum Zusatznutzen von Brilique (Ticagrelor) vorstellen. Am 15. Dezember will dann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheiden, ob der Thrombozytenaggregationshemmer in eine Festbetragsgruppe kommt oder nicht.

AstraZeneca hatte Brilique im Januar auf den Markt gebracht und musste daher nachweisen, dass es einen Zusatznutzen gegenüber bestehenden Therapieoptionen gibt. Im Rahmen des mit dem AMNOG eingeführten Verfahrens lässt der G-BA die vom Hersteller eingereichten Unterlagen durch das IQWiG wissenschaftlich prüfen. Nur bei einer positiven Entscheidung des G-BA dürfen die Hersteller mit den Kassen über den Erstattungspreis verhandeln. Andernfalls droht die Festbetragsgruppe.

Laut IQWiG-Chef Professor Dr. Jürgen Windeler wird es drei Kategorien für den Zusatznutzen geben. Aktuell befinden sich vier Wirkstoffe in der Prüfung; rund 15 Anträge sind eingereicht. Windeler rechnet damit, dass bis zum Jahresende noch einmal so viele Prüfaufträge hinzu kommen.

Am Verfahren selbst kann Windeler keine Mängel erkennen: Die Hersteller müssten nicht nur Daten liefern, sondern echte Nachweise bringen, dass ihr Medikament einen Zusatznutzen hat. Die Vergleichstherapie, um die regelmäßig gestritten wird, lege gemäß Gesetzestext alleine der G-BA fest - Diskussionen oder gar ein Einvernehmen mit dem Hersteller seien nicht vorgesehen.

Dass sich mehrere Hersteller aus dem Verfahren verabschiedet haben, findet Windeler unproblematisch: „Das zeigt doch, dass das AMNOG genau den Effekt bringt, den es bringen sollte.“ Der IQWiG-Chef staunt, dass die Firmen ihre Produkte sogar außer Vertrieb gesetzt haben: „Die Pharmaindustrie schafft selbst die 4. Hürde, die sie nie haben wollte.“

Novartis hatte das Antihypertonikum Rasilamlo (Aliskiren/Amlodipin) wegen des Streits um die Vergleichstherapie vom Markt genommen, Boehringer Ingelheim und Lilly hatten das Antidiabetikum Trajenta (Linagliptin) gar nicht erst ausgeliefert. Windeler sieht in dem Vorgehen primär ein politisches Signal und hofft, dass künftig „fachlich, sachlich und unaufgeregt“ diskutiert wird.

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