Porträt

Die plötzliche Darm-Seuche

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Während die Experten verzweifelt nach der Herkunft der pathogenen Stämme des Darmbakteriums Escherichia coli suchen, breitet sich die Seuche in Deutschland immer weiter aus. Die Behörden haben bereits mehr als 300 bestätigte Erkrankungen oder Verdachtsfälle auf EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia coli) registriert - vor allem im Norden. Aber auch in anderen Bundesländern taucht der Erreger auf. Zuletzt meldete das Saarland mehrere Erkrankungen. Dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge ist die Infektionsquelle möglicherweise noch aktiv.

Erste Untersuchungen von Proben haben ergeben, dass es sich um teilweise antibiotikaresistente Bakterien handelt. Solche EHEC-Stämme sind laut RKI bislang unbekannt. Der Auslöser für die Seuche ist noch unklar; im Verdacht steht ungewaschenes Gemüse. Der Erreger könnte durch das Gülle-Düngen von Obst und Gemüse in den Nahrungskreislauf gelangt sein.

Die Angaben der Betroffenen lassen vermuten, dass die üblichen Verdächtigen wie Rohmilch, Frischkäse und Rindfleisch für den großen Ausbruch des Erregers nicht infrage kommen, da die Patienten nur wenig Fleisch gegessen hatten. Nach früheren EHEC-Ausbrüchen wisse man, dass der Erreger bei den Gemüsesorten eher an Salat, Sprossen und Spinat zu finden ist, so Wissenschaftler des Hamburger Instituts, das derzeit nach der Infektionsquelle sucht.

Viele der Infizierten sind wegen ihrer schweren Erkrankung nicht ansprechbar, können also keine Angaben machen, was sie zuvor gegessen hatten. Daher konnte das Institut bislang nur wenige Lebensmittel aus Haushalten der Erkrankten untersuchen. Diese Quellen sind aber am geeignetsten, um dem Erreger auf die Schliche zu kommen. Außerdem benötigen die Lebensmittelkontrolleure eine Genehmigung der Bewohner, um in die Wohnungen der Betroffenen zu gelangen - das dauert.

Betroffen sind überwiegend erwachsene Frauen. „Das legt nahe, dass vor allem Frauen Zugang zur Infektionsquelle haben“, sagte der Präsident des niedersächsischen Landesgesundheitsamtes, Matthias Pulz. „Das Lebensmittel muss sich irgendwo im Handel befinden.“ Die mehr als 40 schweren Verläufe litten unter dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), das von dem Darmbakterium verursacht wird. Im Verlauf des HUS kann es zu Nierenversagen oder Blutarmut kommen.

EHEC-Erreger leben vor allem im Darm von Wiederkäuern und können über unerhitzte Lebensmittel übertragen werden. Auch eine Übertragung über Menschen ist bei mangelnder Hygiene möglich. Die Keime treten in Deutschland immer wieder auf. Das RKI hat seit 2001 bundesweit jährlich zwischen 800 und 1200 Erkrankungen registriert - oft mit leichterem Verlauf.

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