Bei Herz-Kreislauf-Erkrankten

Colchicin reduziert Schlaganfälle und Herzinfarkte

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Berlin -

Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen können mit einer niedrigen Dosis des Gicht-Mittels Colchicin ihr Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verringern. Das ist das Ergebnis eines neuen Cochrane Reviews. Das leicht verfügbare und kostengünstige Mittel stellt somit eine weitere Behandlungsoption für Betroffene dar.

Der Wirkstoff aus der Herbstzeitlosen wirkt entzündungshemmend und wird zur Therapie von Gicht eingesetzt. In Zukunft könnte Colchicin aber auch bei arteriosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden. Da die Arterien bei diesen Erkrankungen durch Plaque-Ablagerungen verhärtet, verdickt oder eingeengten sind, gilt es die Entzündungsprozesse zu mindern.

Im Fokus vergangener Studien stand deshalb die Frage: Senkt niedrig dosiertes Colchicin das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Menschen, die bereits eine koronare Herzkrankheit haben oder einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben?

Colchicin-Studie

Forschende haben zwölf dieser randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt knapp 23.000 solcher Herz-Kreislauf-Patient:innen im neuen Cochrane Review ausgewertet. Die Probanden erhielten mindestens sechs Monate lang eine niedrige Dosis Cholchicin – meist 0,5 mg täglich.

80 Prozent der Teilnehmenden waren Männer, das Durchschnittsalter lag zwischen 57 und 74 Jahren. Unterteilt wurde in zwei Gruppen: Eine Gruppe erhielt Colchicin zusätzlich zur Standardtherapie, die andere ein Placebo oder keine zusätzliche Behandlung zur Standardtherapie.

Weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle

Das Ergebnis: In der Wirkstoffgruppe ging die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle über einen Zeitraum von bis zu siebeneinhalb Jahren stark zurück. Von 1000 Behandelten erlitten 36 Menschen ohne Colchicinbehandlung einen Herzinfarkt. Pei Personen, die niedrig dosiertes Colchicin einnahmen, waren es nur 27. Bei Schlaganfällen fiel das Ergebnis ähnlich deutlich aus: 22 Personen von 1000 Teilnehmer.innen erlitten ohne Colchicin einen Anfall, wohingegen nur 14 Personen der Wirkstoffgruppe betroffen waren.

„Eine derartige Verringerung des Risikos kann für Menschen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko einen echten Unterschied bedeuten,“ sagt Dr. Ramin Ebrahimi, Mitautor und Kardiologe an der Universitätsmedizin Greifswald. Aber: Auf die Sterblichkeit hat Colchicin wahrscheinlich keinen Einfluss. Weder auf die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Ereignisse noch auf die Gesamtsterblichkeit. Auch das Risiko, dass Patient:innen einen Eingriff zur Erweiterung der Herzkranzgefäße benötigen, sinkt laut den Forschenden durch Colchicin wahrscheinlich nicht.

Nebenwirkungen mild

Studienteilnehmer:innen, die Colchicin einnahmen, litten zudem zwar häufiger an Magen-Darm-Problemen wie Durchfall und Übelkeit als jene, die keines erhielten. Aber diese waren meist mild und klangen rasch ab. Bei der Häufigkeit schwerwiegender unerwünschter Wirkungen fanden die Wissenschaftler:innen keine Unterschiede zwischen niedrig dosiertem Colchicin und alleiniger Standardtherapie. Da es zur Lebensqualität und zur Häufigkeit zusätzlicher Krankenhausaufenthalte keine ausreichenden Daten gibt, betonen die Autoren, dass weitere Forschung über längere Zeiträume notwendig sei.

„Diese Ergebnisse stammen aus Studien, die aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden und die ein sehr altes und preiswertes Medikament für ein völlig neues Einsatzgebiet getestet haben“, sagt Professor Dr. Lars Hemkens von der Universität Bern, Seniorautor des Cochrane Reviews. „Das zeigt, dass akademische Forschung neue Therapiemöglichkeiten entdecken kann, die in der herkömmlichen Entwicklung von Arzneimitteln oft gar nicht gesehen werden.“

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