Mit seiner KI-gestützten Plattform „EmbryoNet-AI“ möchte Professor Dr. Patrick Müller, Experte für Entwicklungsbiologie am Fachbereich Biologie der Universität Konstanz, die Arzneimittelforschung effizienter gestalten: Schnellere, kostengünstigere und genauere Tests sollen Tierversuche ersetzen. Für sein Projekt hat er einen Proof of Concept Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten.
Ein Proof of Concept Grant ist eine finanzielle Unterstützung, die dazu dient, die Machbarkeit einer neuen Technologie oder Idee zu überprüfen. In diesem Fall wird der Grant genutzt, um die KI-gestützte Plattform von Müller weiterzuentwickeln und zu testen, ob sie in der Arzneimittelforschung eingesetzt werden kann. Mit einer Fördersumme von 150.000 Euro soll das Projekt innerhalb von 18 Monaten auf seine Marktfähigkeit vorbereitet werden. Ziel ist es, das Marktpotenzial von „EmbryoNet-AI“ zu überprüfen, die Software weiterzuentwickeln und sie für eine kommerzielle Nutzung sowie die Integration in die Forschungsprozesse der Pharmaindustrie vorzubereiten.
Die Entwicklung von Arzneimitteln basiert weiterhin in weiten Teilen auf Tierversuchen, was mit ethischen Konflikten sowie hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden ist. Die automatisierte Plattform EmbryoNet könnte hier Abhilfe schaffen: Die Software erkennt Entwicklungsstörungen bei Tier-Embryonen und ordnet diese den zugrundeliegenden Signalwegen zu. In einer frühen Phase der Medikamentenentwicklung könnte EmbryoNet eine wertvolle Hilfe bei der Risikobewertung und der Analyse von Wirkmechanismen darstellen. Müller erklärt: „Wir sehen hier ein hohes Anwendungspotential in der Medikamentenentwicklung, insbesondere in der frühen Phase der Wirkstoffsuche – bei der Risikobewertung und der Aufklärung der Wirkmechanismen potentieller neuer Medikamente.“
Die Software, die ursprünglich mit Zebrafisch-Embryonen entwickelt wurde, kann mittlerweile auch Organoide, künstlich im Labor gezüchtete Gewebe aus menschlichen Stammzellen, analysieren. Die nächsten Schritte des Projekts umfassen die Verbesserung der zugrunde liegenden KI-Modelle und die Entwicklung einer Online-Plattform, um EmbryoNet weltweit zugänglich zu machen. Um die Bedürfnisse der späteren Anwender:innen und die regulatorischen Anforderungen zu berücksichtigen, wird das Team mit anderen Forschenden, Partnern aus der Industrie und Regulierungsbehörden zusammenarbeiten.
„In der Arzneimittelforschung könnte EmbryoNet auf lange Sicht viele Tierversuche ersetzen und herkömmliche Prozesse durch Automatisierung beschleunigen und kostengünstiger gestalten“, schätzt Müller. Durch den Einsatz von EmbryoNet könnten Pharmaunternehmen hunderte Substanzen parallel testen, ohne eine langwierige Studie mit vielen Versuchstieren durchführen zu müssen. Die Plattform könnte somit einen bedeutenden Schritt in der Reduktion von Tierversuchen und der Optimierung der Medikamentenentwicklung darstellen.
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