Non-Compliance

Verweigert, kalkuliert und vergessen

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Mangelnde Compliance ist eins der größten Probleme bei der Arzneimitteltherapie. Die Bertelsmann-Stiftung und die Barmer GEK wollten genauer wissen, warum Patienten ihre Medikamente nicht so einnehmen wie vorgeschrieben. Fazit: Es gibt Verweigerer, Kalkulierer und Vergessliche. Je nach Veranlagung könnten unterschiedliche Instrumente die Therapietreue verbessern.

Im Mai hatten Bertelsmann-Stiftung und Barmer für ihren Gesundheitsmonitor knapp 1800 Verbraucher zwischen 18 und 79 Jahren zu Arzneimitteln und deren Anwendung befragt. Rund 1220 Teilnehmer hatten im vergangenen Jahr vom Arzt ein Medikament verschrieben bekommen. 52 Prozent hatten nach eigener Aussage kein einziges Mal die Einnahme vergessen oder ausgelassen. 29 Prozent hatten das Arzneimittel ein- oder zweimal nicht eingenommen, 20 Prozent sogar dreimal oder öfter.

17 Prozent der Teilnehmer fielen in die Kategorie „Verweigerer“, die ihr Medikament gar nicht erst eingenommen oder in Eigenregie vorzeitig abgesetzt hatten. 20 Prozent waren „Kalkulierer“, die vorübergehend auf die Einnahme verzichteten, etwa weil sie Nebenwirkungen spürten oder sich besser fühlten. 18 Prozent hatten die Einnahme mehrfach schlichtweg vergessen („Vergessliche“).

Laut Umfrage hängt die Compliance nicht nur von soziologischen Faktoren ab - Verheiratete etwa setzen ihre Medikamente seltener ab -, sondern auch von der Aufklärung durch den Arzt und der Einstellung zu Arzneimitteln generell. So ist das Risiko von Non-Compliance bei den „Verweigerern“ 1,6-mal so groß bei unzureichender Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen, 1,9-mal so groß bei einer Negativeinstellung gegenüber Medikamenten und dreimal so groß bei einer ungünstigen Bewertung des zuletzt verordneten Medikaments.

Paradoxerweise gaben 97 Prozent der Befragten an, Arzneimittel immer so einzunehmen, wie vom Arzt verordnet. 88 Prozent gaben an, prinzipiell alles zu befolgen, was ihr Arzt ihnen vorschreibe. Gleichzeitig sind die Deutschen ausgeprägte Arzneimittel-Skeptiker: 82 Prozent gaben an, dass sie Arzneimittel nicht mögen und am liebsten weglassen würden, wenn sie ohne sie auskämen. 53 Prozent gaben an, dass Arzneimittel letztendlich Gift seien, 20 Prozent, dass die meisten Medikamente abhängig machten. 63 Prozent finden, dass Ärzte zu stark auf Medikamente vertrauen, 51 Prozent sind der Meinung, dass Ärzte zu oft Medikamente verordnen, und 57 Prozent gaben an, dass mehr Zeit für Patienten viele Arzneimittel überflüssig machen könnte.

Laut Gesundheitsmonitor ist eine bessere Patienteninformation überfällig: Bei der Umfrage gaben zwar 91 Prozent der Patienten an, vollkommen ausreichend beziehungsweise ausreichend vom Arzt zur Einnahmedauer und Dosierung informiert worden zu sein. Auch zur Indikation und Wirkungsweise fühlten sich 87 beziehungsweise 70 Prozent gut informiert. Dagegen waren nur jeweils 45 Prozent der Meinung, dass ihnen ihr Arzt die möglichen Nebenwirkungen beziehungsweise das Verhalten bei Nebenwirkungen gut erklärt hatte.

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