Forschungsförderung

Skandal um Tuberkulose-Impfstoff

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Der derzeit in einer Phase-I-Studie in Neuss getestete Tuberkulose-Impfstoff könnte möglicherweise an die Pharmaindustrie verkauft zu werden, ohne dass nach jahrelanger staatlicher Förderung eine gemeinnützige Nutzung in den weltweiten Krisenregionen garantiert wird. Dies berichtet das Magazin stern in seiner neuen Ausgabe.

Der Impfstoff war am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie entwickelt worden. Anders als die einzige bislang verfügbare Vakzine gilt der gentechnisch veränderte Impfstoff als aussichtsreich.

2004 hatte das Max-Planck-Institut den Tuberkulose-Impfstoff für geschätzte 40.000 Euro zur Weiterentwicklung an die Privatfirma Vakzine Projekt Management GmbH (VPM) mit Sitz in Hannover verkauft. Die Mehrheitsanteile hält die Deutsche Stiftung Impfstoffforschung, die wiederum 2002 von der Sparkasse Hannover gegründet worden war.

VPM kauft neue Impfstoffe von öffentlichen Laboren und entwickelt diese weiter zur Marktreife. Dafür wird das Unternehmen derzeit vom Forschungsministerium (BMBF) mit 25,6 Millionen Euro unterstützt; der Zuschuss läuft jedoch laut stern 2010 aus. Eine Klausel, an wen die entwickelten Impfstoffe - derzeit fünf Kandidaten - verkauft werden dürfen, gibt es laut stern nicht.

So ist beispielsweise nirgends vorgesehen, dass der Impfstoff den Betroffenen in den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden muss - für die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ ein Skandal: Es sei „ungeheuerlich“, dass die Ergebnisse staatlicher Impfstoffforschung anschließend privaten Pharmakonzernen zur Verfügung gestellt würden, die damit machen könnten, was sie wollten, sagte Oliver Modenhauer, Koordinator der Medikamenten-Kampagne, gegenüber dem stern. „Die staatliche Finanzierung ergibt doch nur einen Sinn, wenn anschließend die Impfstoffe auch in den ärmeren Ländern ankommen.“

Laut stern ist der Impfstoff bereits heute zwischen 5 bis 10 Millionen Euro wert. Da die VPM bis heute noch keine ihrer Entwicklungen an den Mann gebracht hat, steht Geschäftsführer Bernd Eisele unter Druck. Mit dem Auslaufen der staatlichen Subvention muss die Finanzierung spätestens geklärt sein; Eisele will daher laut stern im nächsten halben Jahr gezielt Firmen ansprechen, um den Tuberkulose-Impfstoff zu verkaufen.

Gegenüber dem stern sagte der VPM-Geschäftsführer, er müsse darauf achten, so viel Geld einzunehmen, dass sein Unternehmen weiter existieren kann. Klauseln zum Einsatz oder zur Preisgestaltung wird Eisele daher kaum durchsetzen können. Dass der Staat weder Mitsprache hat, noch von dem Geld etwas sehen wird, ist eine andere Sache. Beim BMBF will man sich nun offenbar zumindest darum kümmern, dass eine „Anwendung auch für ärmere Bevölkerungen zu erwarten ist“.

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