Von der Kapsel zur Erkältungsmarke Julia Pradel, 13.09.2011 08:41 Uhr
Berlin -
Eine Lungenheilanstalt in Danzig bat den ortsansässigen Apotheker Georg Gustav Pohl damals, das schlecht schmeckende Öl-Präparat „Kreosot“ in Kapseln zu verpacken, um die Einnahme zu erleichtern. Der Pharmazeut entwickelte die erste magensaftresistente Kapsel und gründete die Firma Pohl.
1890 kaufte Otto Eisengarten, der Urgroßvater der heutigen Firmenleiterin, das Unternehmen. Seine Tochter Helene heiratete den Apotheker Kurt Boskamp, der 1921 die Leitung der Firma übernahm. Unter seiner Regie wurden die beiden heute wichtigsten Produkte, Gelomyrtol und Nitrolingual, in Kapselform entwickelt.
Im Zweiten Weltkrieg floh die Familie aus Danzig. Auf zwei Schiffen konnten einige Maschinen, Vorräte und Herstellungsvorschriften über die Ostsee gebracht werden. Am jetzigen Standort Hohenlockstedt bei Itzehoe bauten die Boskamps das Unternehmen wieder auf.
1972 wurde Gelomyrtol forte in seiner heutigen Form eingeführt - der Durchbruch für das Unternehmen. Die Dosis war auf 300 Milligramm erhöht worden, und die Wirkung wurde für die Patienten spürbar. Heute zählt Gelomyrtol forte laut Unternehmensangaben zu den meistverkauften Atemwegspräparaten in Deutschland.
Nach der Streichung aus dem Leistungskatalog der Kassen im Jahr 2004 brach das Geschäft mit Gelomyrtol ein - auf unter 20 Millionen Euro und 5 Millionen Packungen im Jahr 2007. Danach ging es wieder bergauf. Pohl-Boskamp setzte komplett auf die Dachmarke und ordnete ihr sukzessive neue und alte Produkte zu. Heute umfasst das Gelo-Sortiment 14 Artikel.
Neben Gelomyrtol und Nitrolingual-Spray zählt das 2006 eingeführte Läusemittel Nyda mittlerweile zu den stärksten Produkten des Unternehmens. 2010 wurden nach Firmenangaben 260 Millionen Gelomyrtol-Kapseln, 5 Millionen Flaschen Nitrolingual-Spray und 1,4 Millionen Flaschen Nyda produziert. Insgesamt hat Pohl-Boskamp ein Portfolio von 47 unterschiedlichen Arzneimitteln und Medizinprodukten.
2010 machte Pohl-Boskamp mit rund 470 Mitarbeitern einen Umsatz von 74 Millionen Euro, davon etwa 30 Prozent durch den Export in insgesamt 50 Länder. Langfristig soll der Exportanteil auf 50 Prozent steigen.
Seit 1991 wird das Familienunternehmen von Marianne Boskamp geleitet. Die Diplomkauffrau wird unterstützt von ihrem Ehemann, dem Chemiker Dr. Henning Ueck, und drei weiteren Geschäftsführern. Im vergangenen Jahr feierte man sogar schon das 175. Jubiläum: Kurt Boskamp hatte 1922 die Berliner „Capsules-Fabrik“ übernommen, eine Ausgründung der Berliner Apotheke „Zum Weißen Schwan“, in der bereits 1835 die erste Gelatine-Kapselproduktion in Deutschland aufgenommen worden war.
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