Privatstiftung

Alles Müller – in Linz

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Berlin -

Der 84-jährige Unternehmer Erwin Müller ordnet derzeit sein Drogerieimperium neu. Dabei scheint er das Unternehmen trotz seines Alters noch mehr als bisher auf sich selbst zuzuschneiden. Der Ulmer Patriarch hat, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits Ende April eine Privatstiftung in Österreich gegründet.

Nach Informationen der „Lebensmittelzeitung“ befindet sich der Sitz der „Erwin Müller Privatstiftung“ im oberösterreichischen Linz. Von dort aus werden jetzt offenbar die Firmenanteile des Unternehmens verwaltet. Die Fäden zieht Müller in seinem Unternehmen, das rund vier Milliarden Euro Umsatz pro Jahr generiert, wieder gänzlich selbst.

Für den Fall, dass er eines Tages nicht mehr am Tagesgeschäft mitwirken kann oder möchte, wird diese Stiftung über die Zukunft des Konzerns mitbestimmen. Eine wichtige Rolle bei dieser Weichenstellung spielt Arndt Geiwitz, Müllers Wirtschaftsprüfer und Schlecker-Insolvenzverwalter. Durch seine Mitarbeit soll unter anderem gewährleistet sein, dass das Lebenswerk Müllers bewahrt wird. Neuerdings gehört zu diesem Imperium auch das Haushaltswarengeschäft Abt am Ulmer Münsterplatz, das Müller senior am 7. August übernommen hat.

Wie aus informierten Kreisen verlautet, soll Geiwitz in den vergangenen Monaten regelmäßig Gast bei den Sitzungen der Müller-Geschäftsleitung gewesen sein und in deren Rahmen zur Einigung zwischen Müller-Vater und Müller-Sohn beigetragen haben. Zwei weitere wichtige Figuren im Stiftungs-Deail sind der Grazer Wirtschaftsprüfer Norbert Ertler (73) und der steirische Unternehmensberater Walter Schiefer (46), die gemeinsam mit Geiwitz dem dreiköpfigen Vorstand in den Stiftungen in Österreich angehören. Schiefer gilt als einflussreicher Freund der Familie Müller.

Im Mai dieses Jahres hatte Müller nach jahrelangem juristischem Tauziehen von der Schweizer Bank J. Safra Sarasin Schadenersatz in Höhe von 45 Millionen Euro erhalten. Das Landgericht hatte damit die Forderung des Drogerie-Unternehmers bestätigt, die er für Verluste durch falsche Beratung bei Investitionen in den hochriskanten Luxemburger Sheridan-Fonds erlitten hatte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der deutsche Milliardär Opfer einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung geworden war. Zudem sei ihm zugesagt worden, dass seine Einlagen gegen Kapitalverlust versichert gewesen wären; hinterher hatte sich herausgestellt, dass das nicht der Fall war.

Die Geschichte des Unternehmens liest sich schillernd: Im Jahr 1953 gründete der Friseur Erwin Franz Müller sein erstes Unternehmen, die ersten Filialen mit Drogerie wurden 1968 in München und Karlsruhe gegründet. 1973 entstand der erste reine Drogeriemarkt, wenig später begann Müller, in Ulm Verwaltungs- und Lagergebäude zu errichten. Das Unternehmen florierte, 1978 wurde zum ersten mal ein Umsatz von über 100 Millionen D-Mark erzielt. Jedes Jahr kamen neue Filialen dazu, die erste ostdeutsche im Jahr 1990 in Gotha. 2004 wurde das Unternehmen in die Rechtsform einer Limited & Co. KG. überführt. Im März 2015 zählte das Unternehmen 718 Filialen, davon 519 in Detuschland, weitere in der Schweiz, in Österreich, Ungarn, Spanien, Slowenien und Kroatien.

Müller befand sich jahrelang auf Expansionskurs, so kaufte er 1995 das renommierte Budapester Kaffeehaus „Gerbeaud“, 1997 den Spielwarenhandel Obletter. 2015 beschäftigte Müller rund 32.000 Mitarbeiter. Am 8. September feiert Müller seinen 85. Geburtstag. Ein beruhigendes Gefühl, an solch einem Jubeltag alles in den gewünschten Händen zu wissen.

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