Mit Omnibiotic hat Anita Frauwallner in den vergangenen 30 Jahren eine Marke aufgebaut, die bei den Apothekenteams höchste Beliebtheit genießt. Die Chefin von Institut Allergosan ist überzeugt: Die Apotheke hat eine großartige Zukunft – die sie sich aber auch selbst aktiv erarbeiten muss.
Von 1994 bis 2001 war Frauwallner Eigentümerin der Apotheke „Zum Goldenen Hirschen“ in Graz; schon damals habe sie sich gerne mit den Kundinnen und Kunden ausgetauscht. „Manchmal haben fünf Leute angestanden und gewartet, dass sie mit mir sprechen konnten. Und jedes Mal, wenn die Beratung gut war, haben sie gestrahlt und gesagt, sie kommen gerne wieder.“ Das habe ihr ganzes Leben bestimmt, sagte sie beim CEO-Talk mit Tom Bellartz und Nadine Tröbitscher auf der APOTHEKENTOUR in München. Erst am vergangenen Wochenende sei sie von einem älteren Ehepaar angesprochen worden, dabei sei es 24 Jahre her, dass sie die Apotheke verkauft habe. „Man sieht: Beratung hinterlässt Eindruck.“
Bellartz pflichtete bei: Er habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen sich nicht in die Arztpraxis trauten, weil sie empfinden, dass dort in der Hektik des Alltags nicht genügend Zeit für ihre Anliegen bleibe. Stattdessen fänden sie dann regelmäßig Hilfe in der Apotheke. „Beim Arzt wird man im Krankheitsfall sehr gut betreut, aber erst im Zusammenspiel mit der Apotheke wird die Versorgung perfekt.“
Im Unterschied zur Arztpraxis gebe es in der Apotheke eine Beratung auf einem Niveau, dass die Menschen verstehen könnten, ergänzte Frauwallner: „90 Prozent dessen, was die Ärzte sagen, versteht man nicht. In der Apotheke kommt dann die Frage: ‚Und wofür habe ich das jetzt?‘“ Aus ihrer Sicht ist das die Chance, den Menschen etwas mitzugeben, an das der Arzt oft gar nicht denke. Das könnten Informationen über Nebenwirkungen sein, aber auch ganz andere Dinge. „Ich hoffe, dass wir das erhalten können, denn es ist die einzige Möglichkeit, sich im Wettbewerb mit dm, Amazon & Co. durchsetzen zu können.“
Bellartz findet nicht, dass Drogerien oder Versender im Gesundheitswesen auf Augenhöhe mitspielen können: „Jeder weiß, dass das Quatsch ist. Logistik ersetzt nicht die menschliche Zuwendung, wir sollten den Heilsversprechen nicht auf den Leim gehen. Wir sollten uns lieber selbst ermutigen, dass wir mehr können als Großkonzerne, denen es nur um den eigenen Geldbeutel geht.“ Die persönliche Zuwendung werde in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen: „Gerade durch die Digitalisierung, die vieles entmenschlicht, braucht es einen Gegenpol. Die Menschen werden eine Sehnsucht entwickeln nach Nähe und Menschlichkeit.“
„Das sehe ich ganz klar in der Apotheke angesiedelt“, stimmte Frauwallner zu. Leider gebe es auch Apotheken, die den Fokus nur noch auf Geld setzten. Das führe auf lange Sicht nicht weiter: „Ziel muss es sein, den Kunden gut zu beraten, damit er wiederkommt – statt ihn einfach mit Rabatten zu ködern.“ Denn das mache auch den Unterschied im lokalen Wettbewerbsumfeld: „Die Menschen brauchen jemanden, zu dem sie Vertrauen haben können. Also gehen sie dort hin, wo sie eine kompetente und ehrliche Beratung bekommen.“
Wenn man sich an den Spielregeln von renditeorientierten Großkonzernen orientiere, seien Arbeitsplätze in Gefahr, mahnte Frauwallner. Aus ihrer Sicht mache daher die kompetente Beratung den entscheidenden Unterschied: „Erkundigt euch, fragt nach! Es sind eure Jobs, die am Ende auf dem Spiel stehen“, so ihr Appell. „Nur wenn der Kunde merkt, dass ihr es wirklich ernst meint und dass es nicht nur darum geht, dass hinten die Kasse klingelt, wird er wiederkommen. Sonst könnte er nämlich auch einfach die KI fragen.“
Dabei sei natürlich auch fachliche Expertise gefragt: „In der Beratung müssen wir versuchen, so präzise wie möglich zu sein. Nutzt die Chance, um euch zu profilieren!“ Gerade bei Produkten wie Probiotika sei es mitunter schwierig, den Überblick zu behalten, weil das Thema in der Ausbildung zu kurz komme. Deswegen biete ihr Unternehmen so viel Fortbildung an; aber auch der Außendienst und die Hotline seien wichtige Angebote für die Apothekenteams, um an Informationen zu kommen. „Wir brauchen Forschung, aber wir brauchen genauso die interessierten Mitarbeiter in den Apotheken.“
Das erste Produkt habe sie nur mit Fortbildung und ohne Werbung eingeführt. „Ich hatte ja keine Millionen, die ich hätte investieren können. Aber ich hatte ein gutes Produkt, das Menschen wirklich helfen kann. Also dachte ich mir: Mal schauen, wer interessiert ist.“ Zunächst habe sie mit 30 Ärzten angefangen, schnell sei ihr klar geworden: „Ich muss auch die Kollegen in den Apotheken gewinnen.“ Dann sei sie von der Resonanz regelrecht überwältigt gewesen; heute sei die Pharmazie diesbezüglich weiter als die Medizin.
Aber auch wenn Probiotika heute nichts Exotisches mehr seien: Fortbildung sei genauso wichtig wie eh und je. „Das, was die Pharmaindustrie auf den Markt wirft, ist zum Teil elendig schlecht – weil sie euch für zu blöd halten!“ Hier Zeit zu investieren, lohnt sich laut Frauwallner doppelt und dreifach: Wenn das aufgehe, woran führende Forscher derzeit arbeiteten, dann könnten probiotische Bakterien in zehn Jahren in ganz neuen Indikationen zum Einsatz kommen, in der Krebstherapie etwa oder bei Helicobacter-Infektionen.
„Die Apotheken brauchen gut ausgebildete Mitarbeiter, die wissen, um was es geht. Nur Nähe wird auf Dauer zu wenig sein“, so ihre Mahnung. Daher wird es laut Frauwallner auch wichtig sein, die Ausbildung an die heutige Zeit anzupassen. „Ihr seid schließlich 50 Jahre in eurem Beruf tätig! Es wird sich wahnsinnig viel verändern, da braucht ihr permanente Fortbildung: für euch selber, für eure Familien, für die Apotheke.“
Bellartz stimmte zu: Die Zukunft sei rosiger als manche glaubten. Auch wenn es seit Jahren viele Schließungen gebe, habe das nichts mit der eigentlichen Leistung der Apotheke zu tun: „Die Menschen gehen weiter in die Apotheke. Das ist ein ganz klarer Trend, den wir selbst mitgestalten können, wenn wir ein bisschen offener werden für die Zukunft.“
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