Die Werbung mit Streichpreisen ist bei OTC-Medikamenten unzulässig, entschied das Landgericht Frankfurt (LG) unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Geklagt hatte die Apothekerkammer Nordrhein gegen Apo.com, doch neben den Versendern könnten auch preisaktive Vor-Ort-Apotheken betroffen sein. Insbesondere bei Kooperationen und Systemzentralen schrillen die Alarmglocken. Sebastian Liebhart, Geschäftsführer von Farma Plus, setzt sich weiter für Rabattaktionen ein: Ein Vergleich mit dem Preis in der Lauer-Taxe etwa führt nach seiner Auffassung nicht zu einem Mehrverbrauch.
Konkret ging es beim Urteil des LG um Preisgestaltungen des niederländischen Versenders Apo.com, der Ersparnisse von teilweise über 60 Prozent grafisch zum Apothekenverkaufspreis (AVP) hervorhob – dem Preis, der ausnahmsweise dann angesetzt wird, wenn das Arzneimittel zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegeben wird. Nach Auffassung des Gerichts verstößt eine solche Werbung gegen die berufliche Sorgfalt einer Apotheke und sorgt für einen unzulässigen Kaufanreiz.
Laut Liebhart ist eine abschließende Bewertung noch nicht möglich, da die Urteilsbegründung noch nicht vorliegt. „Grundsätzlich sehe ich das Urteil aktuell entspannt. Wichtig ist für werbeaktive Apotheken, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und die unterlegene Partei voraussichtlich Berufung einlegen wird“, sagt er.
Generell gebe es in der Werbung zahlreiche Details, die rechtlich zu beachten seien. „Erst die Urteilsbegründung wird zeigen, was konkret beanstandet wurde. Persönlich halte ich es für richtig, dass Streichpreise, also optisch durchgestrichene Preise, bei dauerhaften Preisreduzierungen nicht verwendet werden sollten, da sie den Eindruck erwecken, es handele sich um den zuvor verlangten Preis. Genau das praktizieren große Versender wie Shop Apotheke und DocMorris.“
Bereits durch die Änderung der Preisangabenverordnung (PAngV) seien die Vorgaben für Streichpreise angepasst worden. „Dennoch haben große Versender diese Praxis fortgeführt.“ Eigenpreisvergleiche seien grundsätzlich erlaubt, sofern der durchgestrichene Preis der günstigste Preis der letzten 30 Tage sei, was bei Versendern kaum der Fall sein dürfte, so Liebhart.
Der Farma-Plus-Chef begrüßt, dass gegen unzulässige Preisdarstellungen vorgegangen wird: „Bei Shop-Apotheke wird etwa ein AVP/UVP angegeben, ohne dass der Kunde klar erkennen kann, ob es sich um den Krankenkassenpreis oder eine Herstellerempfehlung handelt. Bei der Aufstellung der weiteren Produktgrößen (60 St. / 2x60St. / 3x60St.) handelt es sich sogar um einen reinen unzulässigen Streichpreis.“ Bei DocMorris sei die Erläuterung des Bezugspreises in der Textwüste nicht auffindbar.
Ein für den Verbraucher relevanter Bezugspreis sei dagegen die Unverbindliche Preisempfehlung oder Abda-Datenbank. Ein Angebot mit reiner Preisgegenüberstellung mit Bezug auf den Lauer-Taxe-VK führe nicht zu einem Mehrverbrauch von Arzneimitteln bei Patientinnen oder Patienten. „Vielmehr empfinde ich den Taxe-VK als einen für den Verbraucher sehr relevanten Bezugspreis, an dem sich alle Apotheken und Warenwirtschaftshäuser in Deutschland orientieren. Es handelt sich bei diesem Preis also nicht um einen ‚Mondpreis‘, sondern um einen Preis, den der Hersteller vorgibt.“
In den vergangenen Jahren seien die Preise für Arzneimittel aus Patientensicht extrem gestiegen. „Wenn also eine Apotheke zum Beispiel für ein Iberogast mit 50 ml regulär 28,98 Euro verlangt, liegt das nicht daran, dass sie so habgierig ist, sondern dass sie den Preis nimmt, den der Hersteller für angemessen empfindet.“ Umso erfreulicher sei es, wenn Apotheken der Kundschaft ein Angebot machen könnten, bei dem sie zum Beispiel 5 Euro bei dem Produkt sparten. „Solche Angebote sind für den Verbraucher absolut relevant und natürlich freut sich jeder Kunde, wenn er sparen kann. Die Ersparnis ist dann aber auch echt und eben nicht in Bezug auf einen Fantasiepreis.“
Liebhart betont, dass ungeachtet des Urteils Angebote auch künftig einen „hohen Stellenwert in den Farma-Plus-Apotheken“ hätten. „Wir wollen zufriedene Kunden, die ihre regelmäßig benötigten OTC-Arzneimittel vor Ort kaufen. Der Versandhandel hat inzwischen einen OTC-Anteil von über 23 Prozent, was ich bedenklich finde. Hier müssen Vor-Ort-Apotheken mit guten Konzepten gegensteuern.“
Das Urteil sei kein Grund, Werbemaßnahmen einzustellen. Apotheken müssten sich zwar weiterhin an geltendes Recht halten und ihre Werbung rechtskonform gestalten. „Damit haben wir bei Farma-Plus seit über 18 Jahren Erfahrung und reagieren regelmäßig auf neue Rechtsprechung. Deshalb sehe ich das Urteil für unsere Werbemaßnahmen gelassen.“
Bei EasyApotheke in Düsseldorf wird das Thema derzeit noch geprüft. „Wir sind aktuell dabei, das Urteil zusammen mit unserem Anwalt durchzugehen“, sagt eine Sprecherin. Erst danach könne eine Einschätzung abgegeben werden.