Importarzneimittel

Einzelimporteure gründen Verband

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Nachdem die AMG-Novelle für Einzelimporteure von Arzneimitteln überraschende Einschnitte gebracht hat, plant die Branche jetzt die Gründung einer eigenen Interessenvertretung. Mit dem Import von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln besetze man eine kleine, aber wichtige Marktnische, geben sich die Internationalen Apotheken und Importfirmen selbstbewusst.

VEIA - Verband der Einzelimporteure Internationale Arzneimittel - könnte der Verband künftig heißen. Der Name steht allerdings noch nicht endgültig fest, auch der Zeitplan der Gründung ist noch offen. Sicher sind sich die Importeure dagegen, dass sie vom Image der Einzelkämpfer weg möchten: „Wir wollen Themen künftig miteinander diskutieren und gegenüber Politik und Öffentlichkeit einheitlicher auftreten“, skizzierte Sabine Fuchsberger-Paukert, Apothekerin und Geschäftsführerin der Firma „Internationale Arzneimittel - Ludwigs-Arzneimittel München“, die Ziele des Verbands gegenüber APOTHEKE ADHOC. Ihr Kollege aus der Geschäftsleitung, Florian Picha, hatte die Verbandsgründung vorgeschlagen.

Nach ersten Gesprächen im vergangen September hat Fuchsberger die 16 größten Importeure schriftlich nach ihrem Interesse an der Verbandsgründung gefragt. Sechs Firmen haben bereits zugesagt - zusammen mit dem von Fuchsberger vertretenen Unternehmen genug Mitglieder für die Gründung. In den nächsten Wochen soll ein erstes Treffen in München stattfinden.

Die Branche ist stark fragmentiert: Mittelständler wie Lucien Ortscheit, CS Pharma und Import International teilen sich ein Umsatzvolumen, das niemand beziffern kann - oder will. Einige Firmen importieren seit vielen Jahrzehnten: Für die Internationale Ludwigs-Apotheke in München etwa markierte die Ankunft der Gastarbeiter in den 1960er Jahren den Startpunkt für ein vollkommen neues Geschäftsfeld. Importiert wurde bald auch für andere Apotheken; 2006 schließlich wurde das Großhandelsgeschäft ausgegliedert. Diesen Schritt vollzog Stuttgarter Internationalen Apotheke bereits 1982: Das Auslandsgeschäft war so stark angewachsen, dass „Pharma Import Export“ von der öffentlichen Apotheke firmenrechtlich abgekoppelt wurde.

Rund 100.000 ausländische Medikamentenpackungen werden Schätzungen zufolge pro Monat durch Einzelimporteure nach Deutschland eingeführt; der durchschnittliche Warenpreis liegt Experten zufolge bei rund 30 Euro. Jede Apotheke bestellt rein rechnerisch etwa einmal monatlich bei Einzelimporteuren. Doch die wirklichen Zahlen schwanken stark - abhängig etwa von der Größe und Lage der einzelnen Apotheken sowie dem Verschreibungsverhalten der Ärzte und den Wünschen einzelner Patienten.

Grundsätzlich darf jede Apotheke im Ausland bestellen. Allerdings muss sie neben Kontakten auch die Logistik eigenständig organisieren. Importeure bündeln die bei ihnen eingegangenen Bestellungen. Oft lohnt sich ein Vergleich der verschiedenen Anbieter, denn die Kosten der eingeführten Arzneimittel können frei kalkuliert werden. Weil sich einige Firmen auf bestimmte Länder oder Wirkstoffe spezialisiert haben, sind Preisschwankungen möglich.

Das Arzneimittelgesetz hält den Import von in Deutschland nicht zugelassenen Medikamentenn in engen Grenzen: Arzneimittel dürfen nur auf vorliegende Bestellungen und in geringer Menge importiert werden. Sie dürfen also nicht vorrätig gehalten werden. Außerdem müssen sie im Ausland verkehrsfähig sein. Aus Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums - hierzu gehören neben den EU-Ländern auch Norwegen, Island und Liechtenstein - dürfen nicht-verschreibungspflichtige Wirkstoffe auf Wunsch des Patienten importiert werden. Für Importe aus Drittstaaten, hierzu zählen etwa die USA und die Schweiz, wird auch für OTC-Arzneimittel ein Rezept benötigt.

In den vergangenen Jahren waren die Auflagen für Einzelimporte immer strenger geworden: Laut einem Urteil des Bundessozialgerichts müssen Krankenkassen die Kosten für Arzneimittel, die zwar in anderen EU-Staaten, aber nicht in Deutschland zugelassen sind, nicht übernehmen. Seit Mitte 2004 müssen Patienten im Zweifelsfall also für die Kosten selbst aufkommen. Seitdem ist der Umsatz mit ausländischen Medikamenten rapide gesunken.

Mit der letzten AMG-Novelle wurde eine weitere Hürde eingeführt: Seit Juli 2009 dürfen ausländische Arzneimittel nur importiert werden, wenn „hinsichtlich des Wirkstoffs identische und hinsichtlich der Wirkstärke vergleichbare Arzneimittel“ in Deutschland nicht auf dem Markt sind.

Die Branche stöhnt über die Neuregelung. Denn die Firmen müssen nun bei jeder Bestellung zunächst prüfen, ob ein vergleichbares Medikament in Deutschland bereits zugelassen ist. Wird bei der oft zeitaufwändigen Recherche ein deutsches Äquivalent gefunden, geht der Importeur leer aus. „Die Regelung ist nicht patientenfreundlich“, kritisiert Albrecht Fribolin, Prokurist beim Offenbacher Importunternehmen Walter Krebs. „Die Gefahr besteht, dass pharmazeutische Sicherheitslücken entstehen - nämlich dann, wenn Patienten Medikamente, die sie auf Grund der verschärften Regelung nicht über uns und die Apotheken bekommen, unkontrolliert an uns vorbei im Ausland bestellen.“

Der Import lohne sich immer weniger, heißt es in Branchenkreisen. Längst hat beispielsweise Krebs seinen Schwerpunkt auf den Export verlegt - nur knapp 15 Prozent des Umsatzes werde mit dem Import nach Deutschland generiert, sagte Fribolin.

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