Die Drogeriekette dm wagt sich weiter aus ihrem Hauptgeschäft und bietet jetzt auch OTC-Produkte an. Nach langer Vorbereitung und vielen gescheiterten Anläufen macht Konzernchef Christoph Werner jetzt Ernst. Von Tschechien aus werden Arzneimittel verschickt, da es von Deutschland aus verboten wäre. In Karlsruhe inszeniert man sich in gewohnter Manier als Heilsbringer, doch tatsächlich dürfte es vor allem um die eigene Marge gehen. Ein Kommentar von Carolin Ciulli.
Mit Toilettenreiniger und Putzmitteln allein verdient dm längst nicht mehr genug. Zu groß ist der Druck der Supermarktketten und Discounter. Die Drogerie stellt sich deshalb seit Jahren breiter auf und bietet nicht nur Optikerwaren, Passfotos und neuerdings Bluttests an. Nach langer Vorbereitung ist jetzt auch ein Arzneimittelversand online.
Knapp 2500 verschiedene Produkte werden angeboten. Manche Klassiker fehlen, manche Marken werden dagegen in nahezu vollständigem Sortiment präsentiert. Je nach Laune und Unterstützung der Hersteller dürfte dm hier in den Verkauf gehen. Denn im Pharmamarkt ist der Drogist nicht unumstritten.
Viele Hersteller runzelten die Stirn und konnten ihre Sorgenfalten und Ablehnung gegenüber den Arzneimittelplänen der Drogerie nicht verbergen. Andere präsentieren sich mit einem breiten Angebot und wittern die nächste Chance, über den Versand mehr Produkte an ein neues Zielpublikum zu verkaufen.
Das aktuelle Angebot von dm „Apotheke“ zu nennen, greift eindeutig zu weit. Zu einen ist die Beratung nur auf eine bestimmte Uhrzeit eingeschränkt. Vielleicht will man in Bor nachbessern, wenn die noch offenen Stellen besetzt sind. Auch dm scheint den Fachkräftemangel in der Branche zu spüren.
Dazu kommt, dass das Angebot nicht vollständig ist und damit längst kein Versorgungsauftrag abseits des verschreibungspflichtigen Sortiments erfüllt werden kann. Zu groß sind die Lücken bei den wichtigen OTC-Marken. Auch mit der Lieferung innerhalb von zwei bis drei Tagen kann keinem geholfen werden, der an akuten Beschwerden leidet.
Dennoch ist dm jetzt seinem Ziel, ein wichtiger Player im Gesundheitsbereich zu sein, einen großen Schritt nähergekommen. Apotheken und Versender aus dem Ausland werden sicherlich den neuen Wettbewerber zu spüren bekommen, denn die Reichweite der Drogeriekette ist allein über die eigene App immens. Für Verbraucher:innen öffnet sich ein neuer leichter Zugang zu OTC-Produkten – einfach mit der Zahnpasta mitbestellen.
Leider wird das Thema Gesundheit dadurch nicht zugänglicher gemacht. Das Gegenteil ist der Fall. Denn der neue Zugang wird ohne die nötige Verantwortung und Ernsthaftigkeit angeboten. Es ist vor allem ein Vertriebsthema, ein weiterer Kanal, um Margen zu verbessern. Die auch bei OTC-Produkten oder Nahrungsergänzungsmitteln nötige fachliche Beratung fehlt und wird am Nachmittag ab 14 Uhr gar nicht angeboten. Auch wenn sich dm nach außen heilsbringend darstellen will, geht es hier vor allem um das Geschäft mit der Gesundheit der Kundschaft.