Kommentar

Arzneimittelsicherheit ist relativ

, Uhr

Wer ein Arzneimittel auf den Markt bringen möchte, muss dessen Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität nachweisen. Nach Clopidogrel und Bufexamac stellt sich die Frage, was die Zulassung als Risikovorsorge wert ist. Wer es bislang noch nicht wusste, hat in den vergangenen Wochen gelernt: Die Pharmafirmen können mit deutschen und europäischen Genehmigungen jonglieren - oder ihre Produkte sogar zeitweise ganz ohne Zulassung vertreiben.

Verzichtet ein Hersteller auf eine Zulassung, kann er sein Produkt noch zwei Jahre lang abverkaufen. Gewisse Zugeständnisse an die Industrie mag man dem Gesetzgeber verzeihen. Dass die Abverkaufsfrist allerdings auch für Produkte mit Negativbewertung gilt, kann nicht gewollt sein. Auch wenn bei Bufexamac keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten sind - ein Präparat, das mehr schadet als nutzt, gehört nicht auf den Markt.

Zwar kann das BfArM den Vertrieb ohne Zulassung bei Bedenken stoppen. Doch die deutsche Behörde muss im vorliegenden Fall auf die Entscheidung der EU-Kommission warten. Bei Clopidogrel war Brüssel bekanntlich schneller gewesen. Vertrauen in die Arzneimittelsicherheit schafft das Durcheinander der Zuständigkeiten nicht.

Vom HV-Tisch sind solche Probleme weit entfernt. Wer von der Sachlage überhaupt Kenntnis hat, ist schon im Vorteil: Denn informiert werden die Apotheken über das Gerangel hinter den behördlichen Kulissen nicht. Ein freiwilliger Verzicht muss lediglich im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Zur Standardlektüre gehört dieser nicht.

Entsprechend unvorbereitet geht so manche Apotheke in den Schlussverkauf. Dass hinter so mancher guten Offerte eine Lagerbereinigung des Herstellers steht, bleibt verborgen. Vor allem jedoch kann die mangelnde Transparenz bei der Risikokommunikation keine Grundlage für eine verantwortliche Arzneimittelberatung durch die Apothekenmitarbeiter sein.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Ärzte fordern Gipfel bei Scholz
Lauterbach: Zeitenwende im Gesundheitswesen
Kündigung erfordert Widerspruch
Medisign: Vertrag läuft automatisch weiter
Warten auf lebenswichtige Arzneimittel
Engpass: „Trulicity ist ein Horror“
Mehr aus Ressort

APOTHEKE ADHOC Debatte