Schreckenszenario für Pharmaindustrie

Trump will 100-Prozent-Zoll auf Arzneimittelimporte

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Berlin -

Auch Arzneimittel werden von Donald Trumps aggressiver Zollpolitik nicht verschont: Der US-Präsident hat Zölle von 100 Prozent auf Arzneimittelimporte in die Vereinigten Staaten ab 1. Oktober angekündigt. Für die deutsche Pharmaindustrie, die stark in die Vereinigten Staaten exportiert, wird damit ein Schreckenszenario Realität: Pharmazeutika waren in Trumps Anfang April verkündetem riesigen Zollpaket zunächst ausgenommen.

Für die deutsche Pharmabranche mit ihren rund 130.000 Beschäftigten sind die USA das wichtigste Exportland. 2024 gingen dem Statistischen Bundesamt zufolge Waren im Wert von 27 Milliarden Euro und damit knapp ein Viertel der deutschen Pharmaexporte in die USA. Damit ist die deutsche Pharmabranche wesentlich stärker vom US-Markt abhängig als etwa der Maschinenbau und die Chemieindustrie. Besonders gefragt waren etwa Impfstoffe.

Sollten Arzneimittelhersteller eine Produktionsstätte in den USA bauen, könnten sie damit den Zoll umgehen, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. Unternehmen, die entweder bereits einen Baubeginn festgelegt oder mit dem Bau angefangen hätten, seien von den geplanten Zöllen ausgenommen, hieß es weiter.

„US-Zölle gefährden deutsche Arzneimittelexporte auf ihrem wichtigsten Absatzmarkt außerhalb der EU und setzen den Pharmastandort Deutschland unter Druck“, erklärt Dr. Jasmina Kirchhoff, Projektleiterin der Forschungsstelle Pharmastandort Deutschland beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Zwischen den USA und der EU steht eigentlich seit Sommer ein Deal – dabei wurde für EU-Importe in die Vereinigten Staaten ein Basiszollsatz von 15 Prozent festgelegt. Für europäische Hersteller von Arzneimitteln, Halbleitern und Bauhölzern war dennoch bislang nicht ganz klar, ob die Zollobergrenze von 15 Prozent auch für sie gilt.

Sorgen um Gesundheitsversorgung

US-Zölle auf Arzneimittel schüren Sorgen um die Gesundheitsversorgung hierzulande. Denn Deutschland hat 2024 Pharmazeutika im Wert von 12,1 Milliarden Euro aus den USA importiert, knapp 17 Prozent der Brancheneinfuhren, und zudem gut 12 Prozent der Vorprodukte, darunter sterile Schläuche für die Arzneiproduktion.

Bei einem Handelskrieg könnten sich Vorprodukte stark verteuern oder zeitweise ganz fehlen, warnte der Pharmaverband vfa bereits vor Monaten. „Damit würde die Arzneiproduktion in Deutschland unter Druck geraten mit Folgen für die Medikamentenversorgung und die Beschäftigten in der Pharmaproduktion“, sagte vfa-Chefvolkswirt Claus Michelsen.

Der US-Pharmamarkt sei für Deutschland und die EU von zentraler Bedeutung, warnt der Verband. „Zugleich ist der Markt wichtig für Innovation, Investitionen und Zulassungen – die amerikanische Zulassungsbehörde FDA gilt als globaler Taktgeber. Handelsmaßnahmen wie Zölle oder Importbeschränkungen könnten europäische Hersteller empfindlich treffen und bestehende Lieferketten stören.“

Drohen mehr Engpässe bei Arzneimitteln?

Auch die Abda fürchtet, dass sich US-Zölle negativ auf die Arzneiversorgung in Deutschland auswirken könnten. Wenn der wichtige Pharmamarkt USA durch Zölle behindert werde, „kann das dazu führen, dass die Produktion in Deutschland durch mangelnde Wirtschaftlichkeit eingeschränkt wird“, so Abda-Präsident Thomas Preis vor einigen Wochen. Die Lieferketten seien schon seit Jahren instabil.

In den vergangenen Jahren waren immer wieder Medikamente wie Blutdrucksenker, Fiebersäfte für Kinder, Magensäureblocker und Schmerzmittel vorübergehend nicht verfügbar. Viele Patienten in Deutschland mussten auf Ersatzprodukte ausweichen.

Lukrativer US-Markt

Die USA sind auch deshalb so wichtig für die deutsche Pharmabranche, weil Amerika ein sehr lukrativer Absatzmarkt ist: Dort gibt es keine so strenge Preisbindung für Medikamente wie in Deutschland, wo der Gesetzgeber in den Markt für verschreibungspflichtige Medikamente eingreift. In den USA sind die Arzneipreise in der Regel deutlich höher als in anderen Industrieländern. US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, dagegen vorzugehen.

Deutsche Hersteller stark in den USA vertreten

Deutsche Pharmaunternehmen sind nicht umsonst stark in den USA engagiert. Der Merck-Konzern etwa beschäftigt dort über 14.000 Menschen an über 70 Standorten – mehr als am Hauptsitz in Darmstadt mit gut 12.000 Mitarbeitern. Und Bayer-Chef Bill Anderson warnte im Gespräch mit dem „Handelsblatt“, dauerhaft hohe Aufschläge würden die Branche und deren Forschungskraft bedrohen.

Andere Unternehmen haben wegen Trumps Zollpolitik schon Konsequenzen gezogen. So hat der Schweizer Pharmariese Roche angekündigt, binnen fünf Jahren 50 Milliarden Dollar in den USA zu investieren. Und Konkurrent Novartis will 23 Milliarden Dollar in den Ausbau seiner US-Anlagen stecken.

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