Ende Juli gaben US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Treffen in Schottland eine Einigung im monatelangen Zollkonflikt bekannt. Die damals angekündigte gemeinsame schriftliche Erklärung ließ allerdings noch einmal mehr als drei Wochen auf sich warten. Das bringe nun gewisse Planungssicherheit – aber auch ein neues, strukturelles Risiko für die internationale Gesundheitsversorgung und die europäische Pharmaindustrie, mahnt Pharma Deutschland.
Hinter den Kulissen wurde weiter um Details gerungen. So ging es zum Beispiel noch um die Frage, wer wann welche Versprechungen einlöst. Zudem mussten zu strittigen Themen Formulierungen gefunden werden, mit denen beide Seiten leben können.
Es gibt nun zumindest ein sehr konkretes Szenario: EU-Handelskommissar Maros Sefcovic kündigte bei der Vorstellung der Erklärung in Brüssel an, dass die US-Zölle auf Autoimporte rückwirkend zum 1. August auf 15 Prozent gesenkt werden sollen. Die EU wird seinen Worten zufolge dafür die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Konkret geht es um die Einleitung von Gesetzgebungsprozessen für Einfuhrerleichterungen zugunsten bestimmter US-Produkte. Zuletzt lag der Zollsatz für aus der EU in die USA eingeführte Autos bei 27,5 Prozent.
Für europäische Hersteller von Arzneimitteln, Halbleitern und Bauhölzern war trotz des Zolldeals bislang nicht ganz klar, ob die Zollobergrenze von 15 Prozent auch für sie gilt. Grund waren unter anderem noch laufende Prüfungen in Washington und unklare Aussagen von Trump. Letzterer hatte zwischenzeitlich mit Zöllen auf Arzneimittel von 250 Prozent und 100 Prozent auf Halbleiter gedroht. In der Erklärung wird die Zollobergrenze von 15 Prozent nun festgeschrieben.
Für die Hersteller sind dies aber auch nur begrenzt gute Nachrichten, da auf den Import ihrer Produkte in die USA bislang gar keine Zölle anfielen. Gerade die deutsche Pharmaindustrie fürchtet Zölle: Die USA sind ihr wichtigster Exportmarkt, knapp ein Viertel der deutschen Pharma-Exporte gehen dahin.
Pharma Deutschland bleibt bei seiner Kritik. Die Obergrenze von 15 Prozent Importzoll auf Arzneimittel aus der EU bringe gewisse Planungssicherheit – aber auch ein neues, strukturelles Risiko für die internationale Gesundheitsversorgung und die europäische Pharmaindustrie.
„Die Konkretisierungen des Handelsabkommens sind kein Grund für Entwarnung und auch kein Gewinn. Die Pharmaunternehmen müssen sich auf die neuen Handelsbedingungen einstellen, aber gleichzeitig muss weiterverhandelt werden“, so Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland. „Der bisherige Nullzoll-Pakt war die Basis für die Wettbewerbs- und Innovationskraft der Branche und hat, die europäische Arzneimittelstrategie unterstützt – auch in Krisenzeiten. Er ist und bleibt die beste Lösung für alle. Nur so lässt sich echte Stabilität im Sinne der globalen Versorgung erreichen.“
Jetzt brauche es gezielte Gegenmaßnahmen, wie die selbstbewusste Fortsetzung der Verhandlungen, um die vollständige Ausnahme von Arzneimitteln aus den Zollregelungen wiederherzustellen, sowie der Fokus auf eine Standort- und Handelspolitik, die die Versorgungs und den Wettbewerb für Europa im Blick behält. Noch laufen die Section-232-Untersuchungen in den USA zu pharmazeutischen Produkten – „diese Phase muss genutzt werden, um deutlich zu machen, was für Europa und die USA hinsichtlich der Arzneimittelversorgung auf dem Spiel steht, wenn nicht zurück zur Zollfreiheit gefunden wird“, so Brakmann abschließend.
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