Blistern für Heime schon gestoppt

„Die Apotheken sind am Ende“ – Streik in Frankreich

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Streik der Apotheker:innen in Frankreich, Kittel-Aufschrift: Touche pas à ma pharmacie
„On continue“ – „Wir machen weiter“: In Frankreich spitzt sich der Protest der Apotheker zu, am 18. September soll das ganze Land bestreikt werden.Foto: IMAGO / ABACAPRESS
Berlin -

Frankreichs Apothekerverbände haben für den 18. September einen Generalstreik angekündigt: Alle Apotheken bleiben geschlossen, in zahlreichen Städten sind Demonstrationen geplant. Ab sofort wird zudem die Blisterversorgung in Pflegeheimen ausgesetzt. Pierre-Olivier Variot, Präsident der Apothekengewerkschaft USPO, warnt: „Es wird etwa 10.000 Entlassungen geben – von insgesamt 150.000 Beschäftigten in unseren Apotheken.“

Seit dem heutigen Mittwoch haben Apotheken in Frankreich begonnen, die Belieferung von Pflegeheimen mit Blistern auszusetzen. Der Schritt markiert den Auftakt zu einer Protestbewegung, die in den kommenden Wochen ausgeweitet werden soll. Für den 18. September ist ein landesweiter Streik angekündigt. In Frankreich wird dieser Tag als „Journée de fermeture nationale des pharmacies“ (Tag der landesweiten Apothekenschließungen) bezeichnet, in den Medien auch als „Journée noire pour les officines“ (Schwarzer Tag für die Apotheken). Sämtliche Betriebe sollen geschlossen bleiben, begleitet von Demonstrationen in zahlreichen Städten.

Streiktag als schwarze Stunde

Tragende Kräfte sind die beiden großen Apothekergewerkschaften und -verbände: die Union des Syndicats de Pharmaciens d’Officine (USPO), die seit 2001 die Inhaber:innen öffentlicher Apotheken vertritt und für ihre hohe Mobilisierungskraft bekannt ist, sowie die Fédération des Syndicats Pharmaceutiques de France (Föderation der pharmazeutischen Gewerkschaften Frankreichs, FSPF), gegründet 1878 und traditionell stark auf politische Verhandlungen ausgerichtet. Trotz unterschiedlicher Profile treten beide beim angekündigten Protest gemeinsam auf.

Hintergrund ist unter anderem die geplante Kürzung der Rabatte auf Generika: Statt rund 40 Prozent sollen Apotheken künftig nur noch etwa 20 Prozent erhalten. Nach Einschätzung der Verbände gefährdet dies die wirtschaftliche Stabilität vieler Betriebe. Unterstützt wird die Bewegung durch die Petition „Non aux déserts pharmaceutiques“, die auf Change.org bereits mehr als 172.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner gefunden hat.

Ungelöste Konflikte belasten weiter

Pierre-Olivier Variot, Präsident der FSPF, verweist zudem auf ungelöste Konflikte aus dem Vorjahr: fehlende Anpassung der Vergütung trotz hoher Inflation, eine seit Jahren stockende Reform des Pharmaziestudiums sowie die geplante Zulassung des Rx-Versandhandels. Die aktuelle Bewegung sei eine Eskalation, da die Lage vieler Apotheken zunehmend kritisch werde.

Ursprünglich war ein dreistufiges Vorgehen vorgesehen: Aussetzung der Belieferung von Pflegeheimen, Streik am 18. September und Schließungen an allen Samstagen ab dem 27. September. Die Samstagsaktion wurde jedoch fallen gelassen.

Variot warnt: „Die Apotheken sind am Ende – 300 Schließungen im vergangenen Jahr und 160 zwischen Anfang Januar und Ende Juni. Das Vergütungsmodell muss völlig neu gestaltet werden. Eine Stärke unseres Berufs ist das territoriale Netz, und dieses gilt es unbedingt zu bewahren.“

Lecornu soll Vertrauen schaffen

Nach dem Rücktritt von Premier François Bayrou steht seit gestern Sébastien Lecornu an der Spitze der Regierung. Von ihm erwartet Variot vor allem, den Dialog mit der Apothekerschaft wieder aufzunehmen. Dass die Regierung die Berechnungen der Verbände in Zweifel zieht, weist er zurück: „Wir haben dem Kabinett des früheren Premiers fünf Studien übergeben, die Rechenfehler belegten. Diese sind jedoch nicht zur Kenntnis genommen worden.“

Besonders gefährdet seien Apotheken im ländlichen Raum. Laut Wirtschaftsprüfern sind 30 Prozent der Betriebe bedroht, was bis zu 10.000 Arbeitsplätze kosten könnte. Variot hält sich bei Prognosen zu Schließungen und Teilnehmerzahlen bedeckt, betont aber das Ziel: „die wohnortnahe pharmazeutische Versorgung zu sichern – eine Versorgung, die akut gefährdet ist.“

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