Brasiliens AIDS-Politik geht auf | APOTHEKE ADHOC
Patentrecht

Brasiliens AIDS-Politik geht auf

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Brasilien hat mit seinem AIDS-Versorgungskonzept zwischen 2001 und 2005 rund eine Milliarde US-Dollar eingespart. Das berichtet das Fachmagazin „Public Library of Science Journal“ mit Verweis auf eine Studie an der Havard School of Public Health. Brasilien habe sich mit einer kostenlosen und frei zugänglichen Versorgung von HIV-Infizierten mit hochaktiven antiretroviralen Medikamenten (HAART-Therapie) nicht nur über internationale Patentrechte hinweggesetzt, sondern ein erfolgreiches Modell für andere Entwicklungsländer geliefert. So konnte der südamerikanische Staat die HIV-Neuinfektionsquote auf 0,6 Prozent senken. Derzeit stellt Brasilien acht nicht patentierte AIDS-Medikamente selbst her.

Die Forscher fanden heraus, dass sich die Investitionen in die Generikaherstellung über die Jahre ausgezahlt haben. Denn mit der Eigenproduktion konnte Brasilien in den Verhandlungen mit Pharmaherstellern über andere antivirale Arzneimittel Druck ausüben, indem die Herstellung von Generika oder Zwangslizensierungen angedroht wurden. Generell akzeptiert Brasilien zwar die WTO-Vereinbarungen zum Patentschutz, doch mit Verweis auf eine gesundheitliche Notfallsituation hat sich der Staat auch schon über die Eigentumsrechte der Hersteller hinweggesetzt. So importierte Brasilien im Mai aus Indien eine billigere Variante des Medikaments Sustiva/Stocrin (Efavirenz) und verletzte damit die Patentrechte der Originalhersteller Bristol-Myers Squibb und Merck. Andere Hersteller wie Abbott wurden zu massiven Preissenkungen getrieben.

Langfristig könnte das HAART-Programm dennoch teuer für Brasilien werden, vermuten die Havard-Forscher: Da immer mehr Patienten teilnehmen und wegen der Medikamente länger leben, steigen die Behandlungskosten automatisch. Bei den meisten Patienten entwickelt das Virus zudem Resistenzen, so dass teurere Medikamente der zweiten und dritten Generation zur Behandlung erforderlich werden.

Ein internationaler Herstellerverband kritisierte das Vorgehen Brasiliens. Mit der Androhung von Zwangslizenzen habe Brasilien Rabatte ausgehandelt, die sonst nur den ärmsten Staaten der Welt gewährt würden. Brasilien sei jedoch als eine bedeutende Wirtschaftsmacht nicht mit Lesotho vergleichbar, sagte ein Sprecher. Auf der anderen Seite machen selbst Staaten wie Kanada und Italien von der „Notfall-Klausel“ der WTO Gebrauch und umgehen Lizenzen.

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