Wenn sich heute die Vertreterinnen und Vertreter der Landesapothekerverbände (LAV) zur Gesellschafterversammlung der Gedisa zusammenschalten, könnte es hoch hergehen. Denn das Gemeinschaftsunternehmen kostet die Apothekerinnen und Apotheker pro Monat einen guten Millionenbetrag – ohne dass die Produkte am Markt sonderlich nachgefragt wären. Niedersachsen will schon aussteigen und ab dem kommenden Jahr nicht mehr zur Finanzierung beitragen. Wie sollen die dann fehlenden Mittel kompensiert werden?
Drei Jahren lang hatten die Verbände die Anschubfinanzierung für die Gedisa geleistet: Pro Betriebsstätte mussten die Mitglieder eine Sonderumlage in Höhe von 50 Euro je Monat zahlen – in der Summe waren das mehr als 30 Millionen Euro. Im vergangenen Herbst wurde dann klar, dass das Gemeinschaftsunternehmen weiter auf die finanzielle Unterstützung angewiesen sein würde: Geschäftsführer Sören Friedrich soll den Verbändevertretern unmissverständlich klar gemacht haben, dass der Betrieb ohne weitere Finanzierung eingestellt werden müsste.
Daher beschlossen die Verbände eine Verlängerung der Sonderumlage: In diesem und im kommenden Jahr müssen die Inhaberinnen und Inhaber die Sonderumlage weiter zahlen. In der Regel wurden die Mitglieder dazu gar nicht erst befragt.
Nur der LAV Niedersachsen entschied sich für einen Sonderweg: Hier übernimmt der Verband die Kosten, allerdings nur für das laufende Jahr. Ab dem 1. Januar 2026 müssen Apotheken die Kosten für die Basismitgliedschaft daher aus eigener Tasche zahlen. Wollen sie das nicht, müssen sie das Vertragsverhältnis kündigen, und zwar schriftlich. Laut den Nutzungsbedingungen beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Quartalsende. Somit muss die Kündigung in Textform bis zum 30. November bei der Gedisa eingegangen sein.
Schon Anfang August empfahl der LAV seinen Mitgliedern, die vorliegenden Nutzungsbedingungen zum Apothekenportal hinsichtlich der Kündigungsfrist zu prüfen. Dabei sei zu beachten, dass für einzelne Funktionen, Module und Inhalte des Apothekenportals wie beispielsweise die CardLink-Funktion abweichende Kündigungsfristen gelten könnten, hieß es.
Ein Apothekenleiter, der bereits aktiv geworden ist, wundert sich über die Rückmeldung der Gedisa. Er hatte eine Mail mit seiner Kündigung geschickt und um Bestätigung gebeten. In der Antwort wurde er nach einem kurzen „Hallo“ mit seiner Mailadresse angeredet. Dann hieß es weiter, „die folgende Anfrage wurde für Sie erledigt“ – gefolgt von einer kryptischen Kombination aus Zahlen und Buchstaben. Er hofft, dass die Zwangsmitgliedschaft für ihn damit abgeschlossen ist.
Für die Gedisa könnte der Aderlass gravierend werden. Niedersachsen ist mit knapp 1700 Apotheken der viertgrößte Kammerbezirk und der LAV mit knapp 1600 Mitgliedern entsprechend einer der größten Verbände. Laut Geschäftsbericht summierten sich die Medienkosten des LAV im vergangenen Jahr auf 1,5 Millionen Euro, wobei hier laut Verband der größte Teil auf Aufwendungen für die Gedisa entfiel. Mehr als eine Million Euro und damit ein Zehntel ihre Gesamtetats könnte die Gedisa also auf einen Schlag an Einnahmen verlieren, wenn sich nicht eine größere Anzahl an Apotheken findet, die die Leistungen weiterhin bucht.
Davon dürfte allerdings kaum auszugehen sein. Wie viele Apotheken die Leistungen gar nicht und nur in eingeschränktem Umfang nutzen, wurde kürzlich erstmals in Hessen bekannt: Von den rund 1300 Apotheken hatten zuletzt knapp 900 den Patientenchat und 800 CardLink, so Zahlen, die bei der Hauptversammlung des Hessischen Apothekerverbands (HAV) in Frankfurt vorgestellt wurden. Für ApoMail waren weniger als 300 Apotheken registriert, genauso wie für das Impfportal und der Zugang zu KIM. Die Terminplanung von Apomondo und den Zugang zur Plattform iA.de gab es in etwas mehr als 120 Apotheken, Telepharmazie in rund 80 Apotheken. Und 20 Apotheken sind als Betatester registriert.
Allerdings sagen diese Zahlen nichts darüber aus, wie oft die Angebote tatsächlich genutzt werden. Verbandschef Holger Seyfarth künftigte bereits an, dass er hier mehr Transparenz einfordern werde. Sein Verband hat bereits reagiert und erlässt allen Apotheken im Dezember den Mitgliedsbeitrag. Der „pragmatische und solidarische Kompromiss“ solle die „heterogene Bedarfslage in Bezug auf das Gedisa-Produktpaket“ abbilden, hieß es.
Bei der Gesellschafterversammlung soll auch über die Kosten und Strukturen gesprochen werden. Der Aufsrichtsrat, derzeit bestehend aus neun Personen – Dr. Peter Froese (Schleswig-Holstein), Ina Hofferberth (Baden-Württemberg), Professor Dr. Dr. Christian Bernzen (Sachsen), Frank Germeshausen (Niedersachsen), Dr. Susanne Damer (Berlin), Dr. Alexander Schneeberg (Thüringen), Dr. Jan-Niklas Francke (Rheinland-Pfalz) sowie Professor Dr. Achim Hecker und Dr. Thomas Pfänder – soll verkleinert werden. Stattdessen soll der sächsische Verbandschef Thomas Dittrich als Vertreter der Gesellschafter verstärkt über das Tagesgeschäft wachen. Dass sich damit die grundsätzlichen Probleme der Verbändetochter lösen lassen, darf bezweifelt werden.