Holmsland-Affäre

Landgericht spricht Zytoapotheker frei

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Zubereitung oder Rezeptur? Im Zusammenhang mit der sogenannten „Holmsland-Affäre“ hat das Landgericht München einen Apotheker aus Odelzhausen freigesprochen. Dem Gericht zufolge ist die Herstellung von Zytostatika-Lösungen keine Zubereitung eines Fertigarzneimittels, sondern eine Rezepturanfertigung. Damit hatte der Apotheker rein rechtlich keine in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimittel auf den Markt gebracht. Die Staatsanwaltschaft hatte den Pharmazeuten deswegen und wegen Abrechnungsbetrugs angeklagt.

In den Jahren 2006 und 2007 hatte der Apotheker der Anklage zufolge „im erheblichen Umfang“ Zytostatika-Lösungen auf der Basis des Fertigarzneimittels Gemzar (Gemcitabin) hergestellt. Das Präparat mit der Bezeichnung „733Gemzar1000“ sei günstiger als das in Deutschland zugelassene Gemzar gewesen. Weil es eigentlich für Länder wie Tschechien, Ungarn, Iran und Kenia bestimmt war, hatte das Präparat keine deutsche Zulassung.

Das Arzneimittelgesetz sehe das Inverkehrbringen von in Deutschland nicht zugelassene Fertigarzneimitteln nur in Ausnahmefällen vor, so die Argumentation der Staatsanwaltschaft. Das Originalpräparat Gemzar sei aber stets verfügbar gewesen.

Insgesamt habe der Apotheker beim Einkauf knapp 60.000 Euro gespart; weil er bei der Abrechnung nicht angegeben habe, dass er nicht Gemzar, sondern „733Gemzar1000“ verwendet hatte, sei den Krankenkassen und -versicherungen ein Schaden von rund 340.000 Euro entstanden.


Der Apotheker machte vor Gericht geltend, dass das verwendete Gemzar bis auf die ausländische Verpackung identisch mit dem in Deutschland zugelassenen Präparat gewesen sei. Bis 2009 habe es außerdem geltendem Recht entsprochen, die hergestellten Lösungen ungeachtet der Ausgangsstoffe unter einer einheitlichen Pharmazentralnummer und mit einem einheitlichen Preis abzurechnen.

Vor allem aber vertrat der Apotheker die Auffassung, dass er kein Fertigarzneimittel zubereitet, sondern eine Rezeptur hergestellt habe. Daher seien die verwendeten Ausgangsstoffe als Rezeptursubstanzen zu betrachten und würden nicht von den Regelungen des Arzneimittelgesetzes erfasst. Diese Argumentation hatte die Kanzlei Oppenländer, die mehrere Zytoapotheker vertritt, in einem Gutachten aus dem Jahr 2008 entwickelt.

Das Gericht folgte dieser Logik. Allerings merkten die Richter an, dass die bei der Rezepturherstellung notwendige Überprüfung der Ausgangsstoffe nicht erfolgt sei. Dies sei aber lediglich eine Ordnungswidrigkeit - und außerdem nicht Bestandteil der Anklage gewesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft kann Revision beim Bundesgerichtshof einlegen. Im März 2011 hatte das Landgericht Mannheim in einem ähnlichen Fall einen Apotheker wegen falsch abgerechneter Zytostatikarezepturen zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt.

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