Zu jeder Rechtsverordnung gehört eine Folgenabschätzung: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die finanziellen Auswirkungen der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ausgerechnet. Demnach entstehen den Apotheken einmalig insgesamt Kosten von 4,3 Millionen Euro, zuzüglich einer jährlichen Belastung von 700.000 Euro. Doch nach der Rechnung des Ministeriums lohnt sich die Novelle für die Apotheken: Gerade durch die Erleichterungen für Filialen können demnach einmalig 4,7 Millionen Euro gespart werden, jedes Jahr weitere 2,8 Millionen.
Bei den zusätzlichen Ausgaben geht das BMG davon aus, dass die allermeisten Apotheken alle neuen Anforderungen bereits heute erfüllen. Die Kosten werden deshalb in vielen Fällen auf 5 Prozent der Apotheken heruntergebrochen, dann aber bis auf einzelne Gipskartonwände für etwaige Umbauten beziffert. Je nach Maßnahme bleiben Filialapotheken komplett unberücksichtigt.
So schätzt das Ministerium, das die neuen räumlichen Vorgaben für die Rezeptur - drei abgeschlossene Seiten - bereits vielerorts erfüllt sind. Nur 5 Prozent der Apotheken müssten umbauen, was für alle Betroffenen mit einmalig rund einer halben Million Euro veranschlagt ist. Grundgesamtheit in dieser Rechnung sind allerdings nur noch Hauptapotheken: Offenbar geht man im Ministerium davon aus, dass alle Filialen über kurz oder lang zu Schmalspurapotheken werden, die ganz auf Labor und Rezeptur verzichten.
Bei der Defekturherstellung sind den Schätzungen zufolge wieder 5 Prozent betroffen, Filialen abgezogen, also 895 Apotheken. Die Kosten für ein Qualitätsmanagement nimmt das BMG mit knapp 2 Millionen Euro in die Rechnung. Für externe Qualitätsprüfungen, beispielsweise durch die Teilnahme an Ringversuchen, werden jährlich rund 72.000 Euro veranschlagt. Die Dokumentation der Qualitätsprüfung macht der Apotheker jährlich in einer Viertelstunde: 10.337,25 Euro.
Etwas schwer tut sich das BMG mit der Anzahl der Rezepturen ohne standardisierte Rezepturvorschrift, die Zahl wird auf fünf pro Apotheke geschätzt. Für die zwei Minuten Plausibilitätsprüfung und Dokumentation entstehen den (Haupt)apotheken Kosten von jährlich 137.000 Euro. 2000 Euro kommen insgesamt auf Apotheken zu, die nichtpharmazeutisches Personal beschäftigen. Weil dies schriftlich festgehalten werden muss, entstehen Aufwendung: „Ein Apotheker benötigt hierzu einmalig ca. 3 Minuten“, so die Basis für die Überschlagsrechnung.
Etwa die Hälfte der 100 Apotheken, die nach Einschätzung des BMG maschinell verblistern, benötigen neue Räumlichkeiten, jährliche Gesamtkosten von fast 200.000 Euro. Von den 400 öffentlichen Apotheken, die parenterale Rezepturen herstellen, müssten sich schätzungsweise noch 280 zertifizieren lassen. Die Kosten liegen einmalig bei 800.000 Euro. Hinzu kommen Aufwendungen für die Schulung des Personals sowie Raumkosten von zusammen jährlich rund 900.000 Euro.
Weitere Kosten entstehen durch das Aufstellen von Hygieneplänen, der Ausarbeitung von Verträgen über Auftragsherstellungen sowie mehrere Regelungen, die nur Krankenhausapotheken betreffen. Überhaupt betont das BMG, dass insbesondere solche Apotheken Mehrkosten erwarten müssen, die „spezielle Herstellungstätigkeiten“ durchführen.
Einsparungen sieht das BMG bei Neugründungen und Filialen: Weil Apotheken künftig Wasser zur Injektion als Fertigarzneimittel statt der entsprechenden Geräte zur Herstellung vorhalten dürfen, sparen sie zusammen mehr als eine halbe Million Euro. Das Ministerium geht davon aus, dass Neugründungen „von der Möglichkeit des Verzichts Gebrauch machen“.
Weil eine Laboreinrichtung 8400 Euro kostet, eine Minimalausrüstung für Prüfungen aber nur 2500, errechnet das BMG einmalige Einsparungen von je 5900 Euro für geschätzt 300 Neugründungen pro Jahr. Macht in der Summe fast 1,8 Millionen Euro. Mit dem Wegfall von Literatur in Hardcopy sparen die Apotheken weitere 300.000 Euro.
Richtig ins Gewicht fallen die Erleichterungen für die Filialapotheken. Für die Ersatzbeschaffung und Wartung rechnet das BMG heute mit 700 Euro pro Apotheke. Weil diese Ausgaben für alle 3500 Filialapotheken künftig entfallen, finden sich 2,5 Millionen Euro auf der Habenseite. Jede zehnte Filiale kann sich zudem die Kosten für Herstellungsgeräte und und technische Ausstattung sparen, was weitere 2,4 Millionen Euro bringt.
Wie lange der Trend der Filialisierung anhalten soll, wird nicht geschätzt. Auch ist fraglich, ob alle neuen Filialen zu „Light-Apotheken“ abgespeckt werden können, da sie je nach Kammerbezirk trotz der geplanten Erleichterungen am Notdienst teilnehmen müssen. Eine Übernahme des Dienstes im Filialverbund soll nämlich nur möglich sein, wenn die Apotheke alle Leistungen erbringen kann.
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