„Das ist Aufgabe der Apotheke“

Blutentnahme bei dm: Inhaber stellt Prüfantrag

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Berlin -

Die Drogeriekette dm bietet in Kooperation mit dem Start-up Aware Blutanalysen in einer Filiale an. Medizinisches Fachpersonal soll die Abnahme durchführen – sehr zum Ärger von Apothekeninhaberinnen und -inhabern. „Ich beantrage, dass sich die Landesapothekerkammer Hessen mit dem aktuell im Handel beworbenen Angebot zur Blutabnahme in Drogeriemärkten befasst“, erklärt Dr. Nojan Nejatian, Inhaber der Heegbach-Apotheke in Erzhausen.

Nejatian zielt auf einen Prüfantrag für die Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer in Hessen ab. „Die Thematik rund um die Diagnostik und Prävention ist mir persönlich sehr wichtig“, sagt er. Denn dies sei die Kernaufgabe der Apotheken. Einer Blutentnahme in Drogeriemärkten müsse entgegengewirkt werden.

„Die Landesapothekerkammer Hessen soll sich mit dem aktuell im Handel beworbenen Angebot zur Blutabnahme in Drogeriemärkten (dm in Kooperation mit dem Start-up „Aware“) befassen und geeignete rechtliche sowie berufsständische Schritte prüft und einleitet“, so Nejatian.

Vorsorge-Check ohne Arzt

Der Anlass für den Antrag sei, dass in den sozialen Medien durch Influencer:innen offen dafür geworben werde, sich in einer dm-Filiale Blut abnehmen zu lassen. „Es wird als unkomplizierter Vorsorge-Check präsentiert, der ohne ärztliche Beteiligung oder medizinische Einrichtung durchgeführt wird“, erklärt er.

„Diese Werbung vermittelt den Eindruck, es handle sich um eine niedrigschwellige, sichere und völlig legale Gesundheitsdienstleistung im Rahmen der Selbstfürsorge“, so Nejatian. Mehr noch: „Es verharmlost damit den medizinischen Eingriff einer venösen Blutentnahme sowie die anschließende Interpretation laborchemischer Parameter.“

Verstoß gegen Gesetz

Rechtlich bewertet er das Vorgehen folgendermaßen: „Es ist ein Verstoß gegen § 24 des Apothekengesetzes (ApoG). Die medizinische Diagnostik, einschließlich der Durchführung und Auswertung von Blutuntersuchungen, fällt in den Bereich der Heilberufe und ist nicht Teil des erlaubten Tätigkeitsbereichs eines Handelsunternehmens.“

Weiterhin würden Drogeriemärkte weder über eine arzneimittel- noch heilberufsrechtliche Erlaubnis zur Durchführung invasiver Maßnahmen verfügen. „Das ist auch ein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz (HeilprG). Die Blutabnahme stellt einen medizinischen Eingriff dar und darf nur von Ärztinnen, Ärzten oder unter deren Verantwortung von entsprechend ausgebildetem Personal vorgenommen werden“, so Nejatian. Eine Drogerie sei keine zugelassene Einrichtung zur Ausübung der Heilkunde.

Werbung ist irreführend

„Eine Irreführung gemäß § 3 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist ebenfalls Fakt. Denn die Bewerbung solcher Dienstleistungen durch Influencer oder Handelsunternehmen kann als irreführende Gesundheitswerbung gewertet werden, da Laien der Eindruck vermittelt wird, Gesundheitsdiagnostik könne außerhalb medizinischer Fachkreise sicher und sinnvoll erfolgen“, so Nejatian. „Es kommt zu einer Gefährdung der Patientensicherheit und Missachtung fachlicher Verantwortung.“

Gesundheit ist kein Handelsgut

Blutwerte bedürfen der fachkundigen Beurteilung im Kontext der individuellen Anamnese und klinischen Befunde. „Fehlinterpretationen oder eine trügerische Sicherheit – alles okay laut App– können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben“, stellt er klar. „Die Gesundheitsprävention ist eine zentrale Aufgabe der Heilberufe – insbesondere der Apothekerschaft, die für qualitätsgesicherte, verantwortungsvolle Beratung und Prävention steht.“ Mehr noch: „Gesundheit darf nicht zum Handelsgut werden. Die Durchführung medizinischer Maßnahmen in Drogeriemärkten stellt eine gefährliche Verwischung der Grenzen zwischen Gesundheitsversorgung und Konsumangebot dar.“

Die Vorstöße von dm in den Gesundheitsbereich sind nicht nur den Apotheken ein Dorn im Auge. Mit Blut-, Haut- oder Augenscreenings greift die Drogeriemarktkette auch die Ärzteschaft an, die die Analysen ebenfalls kritisiert. Und auch die Wettbewerbszentrale schaltete sich bereits ein: Sie will vor den Landgerichten Düsseldorf und Karlsruhe klären lassen, ob die ebenfalls in der Drogerie angebotenen Augenscreenings wettbewerbsrechtlich zulässig sind.

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