Barrierefreie Internetseite

Apotheken.de: „Kostet monatlich das Doppelte“

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Berlin -

Zum 28. Juni tritt eine Gesetzesänderung in Bezug auf Internetseiten in Kraft. Heißt konkret: Webseiten müssen dann barrierefrei sein, so dass auch Menschen mit visuellen Einschränkungen vollständigen Zugang haben. Wird die Vorschrift ignoriert, drohen hohe Bußgelder. Das Problem: „Der Preis für ein entsprechendes Paket hat sich einfach verdoppelt“, beklagt Cordula Eichhorn, Inhaberin der Rathaus-Apotheke in Eppstein.

Eichhorn ist seit etlichen Jahren bei Apotheken.de. „Was mich ärgert, ist zunächst die Art und Weise, wie uns kurzfristig die Pistole auf die Brust gesetzt wird. Es werden jetzt nach und nach alle Apotheken angerufen und darüber informiert, dass es Pflicht wird, die Internetseiten barrierefrei umzugestalten“, erklärt sie. „Ich verstehe allerdings nicht, warum es dann plötzlich monatlich das Doppelte kosten soll, denn die Umsetzung ist eigentlich eine einmalige Sache“, betont Eichhorn. „Da würde ich lieber eine Umstellungsgebühr bezahlen, statt monatlich satte 50 Euro mehr.“

Bisher zahlte sie für die Dienstleistung 50 Euro. „Das neue Paket soll aber 97,70 Euro pro Monat kosten und würde unser bisheriges ersetzen“, erklärt sie. Das heißt, „der Preis hat sich einfach verdoppelt“. Die Überlegung, den Anbieter zu wechseln, stehe seither im Raum. „Wir besprechen das gerade im Team“, sagt Eichhorn. „Um einen Wechsel werden wir wohl nicht herumkommen, denn die Barrierefreiheit ist Pflicht.“

Apotheken.de verspricht für das neue Angebot – Vertragslaufzeit sind zwölf Monate – verschiedene Vorteile: So sei die Website dann auch für Smartphones optimiert, „in einer zeitgemäßen, modernen und übersichtlichen Optik mit einem integrierten Onlineshop“. Auch soll es eine Verknüpfung zur Warenwirtschaft geben, sodass die Bestellungen in der Kasse erscheinen und der Kunde im Onlineshop die aktuellen Preise und Verfügbarkeiten sieht. Auch ein Terminbuchungstool soll dazu gehören, genauso wie die App und tägliche Gesundheitsnews.

Stichtag Ende Juni

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28. Juni in Kraft, ab dann müssen alle betroffenen digitalen Angebote wie E-Commerce-Websites und Online-Buchungssysteme barrierefrei zugänglich sein. Das auf dem European Accessibility Act basierende Gesetz betrifft hauptsächlich B2C-Dienstleistungen, während B2B-Angebote in der Regel ausgenommen sind. Kleinunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro fallen ebenfalls nicht unter die strengen Vorgaben, sollten jedoch trotzdem auf Barrierefreiheit achten.

Barrierefreie Websites sind so gestaltet, dass sie von allen Menschen – unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen – genutzt werden können. Die Inhalte und Funktionen müssen demnach für Menschen mit Seh-, Hör-, Bewegungs- oder kognitiven Beeinträchtigungen zugänglich sein.

Bußgelder und Abmahnungen

Die Einhaltung der Pflicht wird durch die Marktüberwachungsstelle der Länder für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen (MLBF) kontrolliert. Diese Behörde kann eigenständig oder auf Hinweis tätig werden und prüft durch Stichproben, ob Websites die Anforderungen erfüllen. Das Verfahren bei Verstößen erfolgt in mehreren Stufen:

  • Zunächst erhält das Unternehmen eine offizielle Aufforderung zur Behebung der Mängel.
  • Falls keine Anpassung erfolgt, kann die Behörde die Einstellung des elektronischen Geschäftsverkehrs anordnen.
  • Als letztes Mittel droht die komplette Abschaltung der Website.

Zusätzlich können Verstöße als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden, wobei Bußgelder von bis zu 100.000 Euro drohen. Achtung: Auch Verbraucher:innen können die Marktüberwachung informieren und zum Handeln auffordern.

Angebote teilweise „veraltet“

Weil die Angebote teilweise „veraltet“ sind, ruft Apotheken.de aktiv die Kundinnen und Kunden an, „um Sie auf die Notwendigkeit einer barrierefreien Website hinzuweisen“, so eine Sprecherin. „Apotheken.de gibt es seit 25 Jahren, und wir haben Kunden, die schon sehr lange ihre Website bei uns beziehen.“ Bei diesen älteren Websites sei es technisch nicht möglich, die Barrierefreiheitsanforderungen umzusetzen, begründet sie. Deswegen habe man die Kundschaft schon länger einen Umstieg auf eine technisch modernere Website ans Herz gelegt.

„Der Grund dafür ist nicht die Barrierefreiheit alleine. So sind unsere neuen Websites grundsätzlich auf die mobile Nutzung ausgerichtet – rund 90 Prozent der Kund:innen der Apotheke besuchen die Website über ein Smartphone“, so die Sprecherin. „Beim Thema Barrierefreiheit ist es uns wichtig, unsere Kunden umfassend aufzuklären. Wenn sie bei ihrer bestehenden Seite bleiben wollen, können sie das selbstverständlich tun“, so die Sprecherin. „Wir raten dann aber dringend dazu, alle interaktiven Funktionen (Kontaktformular, Bestellformular, etc.) abzuschalten, um nicht unter die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zu fallen.“

Der höhere Preis sei folgendermaßen begründet: „Wir haben Bestandskunden, die zwischen 48 und 67 Euro im Monat bezahlen, je nach Umfang ihres jeweiligen Pakets, beispielsweise mit Integration der Online-Sichtbarkeit oder der Terminbuchung, des pDL-Managers und Telepharmazie oder mit Shop und ApothekenApp. Das aktuelle Paket, das wir seit Oktober 2023 anbieten, kostet 97,90 Euro pro Monat. Es ist von Grund auf barrierefrei, 100 Prozent mobil optimiert und die oben erwähnten plus weitere Features sind integraler Bestandteil des Angebotes“, so die Sprecherin.

Sie betont: „Dass bei unseren Angeboten keine weiteren Kosten für Support und Kundendienst anfallen. Anpassungen der Website und inhaltliche Änderungen sind bereits im Monatspreis enthalten.“ Die Preise seien im Vergleich eher moderat, auf jeden Fall aber nicht überhöht.

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