Am vergangenen Mittwoch besuchte der Bundestagsabgeordnete Dr. Matthias Hiller (CDU) die Pinguin Apotheken in Kirchheim unter Teck. Inhaberin Dr. Heike Pfäffle-Planck hatte den Politiker eingeladen, um über die Probleme der Branche und die geplante Apothekenreform zu sprechen. Neben der aufgeschobenen Anpassung des Fixums, den neuen Regelungen für Apothekervertretungen durch PTA und für Zweigapotheken war eines der wichtigsten Themen die direkte Konkurrenz der Vor-Ort-Apotheke mit ausländischen Versandhändlern wie Shop Apotheke um E-Rezepte, erzählte die Inhaberin.
„Ich mache mir große Sorgen, um die deutsche Vor-Ort-Apotheke. Wenn die Politik nicht jetzt tätig wird, werden Großkonzerne aus dem Ausland (Shop Apotheke, DocMorris & Co.) die von Apothekern persönlich geführte Apotheke vor Ort zerstören“, leitete Pfäffle-Planck ihr Einladungsschreiben an Hiller ein.
Sie gab dem CDU-Politiker auch konkrete Maßnahmen an, um die Branche zu stabilisieren: Zunächst müsse das Fixum angepasst werden. In den vergangenen zehn Jahren habe es keine Erhöhung gegeben, gleichzeitig seien die Kosten der Apotheken um rund 60 Prozent gestiegen, erklärte sie. Dadurch seien die Gewinne in derselben Zeitspanne um rund 80 Prozent zurückgegangen. „Dies ist mittelfristig nicht tragbar.“ Die Apothekerin sprach sich auch entschieden gegen die PTA-Vertretung aus. Die vorgesehenen Änderungen gefährdeten die rechtliche Rechtfertigung für das apothekenrechtliche Fremdbesitzverbot, erklärte sie. Auch die geplanten Zweigapotheken als regulärer Bestandteil des Filialverbundes sieht die Apothekerin kritisch.
„Setzen Sie ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch“, forderte Pfäffle-Planck in ihrem Einladungsschreiben. Das gäbe es schließlich in den meisten europäischen Ländern, wie beispielsweise Belgien, Irland, Frankreich, Österreich, Italien, Spanien. Ein Versandverbot belaste zudem finanziell keine Budgets der Krankenkassen.
Die Apotheke lebe, mit über 80 Prozent des Umsatzes, von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, erklärte sie. Durch die Einführung des CardLink-Verfahrens könne ein E-Rezept nun über das Handy an eine Apotheke geschickt werden – an Vor-Ort-Apotheken aber auch an ausländische Versender. „Und hierbei liegt das große Problem. Das ist eine Konkurrenz wie David gegen Goliath“, erklärte sie.
Dabei seien Vor-Ort-Apotheken und Versender hinsichtlich ihrer Kriterien keinesfalls gleich, wie die Inhaberin in ihrer Einladung erläuterte. Die deutschen Vor-Ort-Apotheken seien inhabergeführt durch eine/n Apotheker/in, keine Ketten, sondern maximal vier Apotheken in räumlicher Nähe in einem Filialverbund. Außerdem hafte der Inhaber persönlich für seine Apotheke, wodurch eine maximale Verantwortung und damit Sicherheit und Qualität sichergestellt werde. „Es steht das Patientenwohl im Vordergrund, wir sind in erster Linie Apotheker“, betonte Pfäffle-Planck.
Apotheken müssten zudem hohe Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) erfüllen, damit die Arzneimittelsicherheit und -qualität gewährleistet sei. Zudem müssten Apotheker in Fällen von Lieferengpässen managen.
„Und nun konkurrieren wir mit börsennotierten Großkonzernen, wie Shop Apotheke und co. bei denen Gewinnmaximierung, nicht das Patientenwohl, an erster Stelle stehen“, kritisierte sie. Die ausländischen Versandapotheken müssten sich nicht an Anforderungen der ApBetrO halten. Sie müssten sich noch nicht einmal an die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel halten und lockten mit attraktiven Rabatten.
Seit Einführung des CardLink-Verfahrens gewinne der ausländische Versandanteil rapide an Marktanteil – bei OTC wie Rx. Die Apotheken kämpften derweil massiv mit einem Kundenrückgang. „Wir beobachten, dass die Dauermedikation immer häufiger beim Großkonzern gekauft wird und nur die Akuttherapie bei der Apotheke, um die Ecke verlangt wird. Davon können wir nicht überleben!“
Konzerne wie Shop Apotheke würden mit Lieferung am nächsten Tag werben. „Ein Kind, das dringend ein Antibiotikum braucht, kann nicht auf den nächsten Tag warten. Die Eltern kommen sogar häufig noch mitten in der Nacht in die notdiensthabende Apotheke“, erklärte die Apothekerin. Auch ein Patient mit starken Schmerzen brauche sein Medikament sofort. Die Vor-Ort Apotheken gewährleisteten eine hocheffiziente, flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln, die den Patienten im Fokus habe.
Außerdem könnten Vor Ort Apotheken auch digitale Angebote machen: „Bei uns in den Pinguin Apotheken hat der Kunde alle Bequemlichkeit, die das Internet bietet: Wir betreiben einen eigenen Online Shop und E-Rezepte können ebenfalls per Klick mit unserer eigenen PinguinApo-App eingelöst werden. Wir bieten individuelle Rezepturen, kompetente Beratung, Impfungen, Medikationsanalysen, Notdienste, kostenlosen Lieferservice am gleichen Tag auch in Gebiete auf dem Land und vieles mehr.“ Trotzdem werde die Apotheke nicht mit den Preisen und den Werbekampagnen eines Onlineriesen mithalten können.
„Diese Großkonzerne müssen weder die deutsche Apothekenbetriebsordnung noch die Rx-Preisbindung einhalten. Wir stehen hier in einem unfairen Konkurrenzkampf“, erklärte die Apothekerin nach dem Besuch. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Patienten in den ausländischen Versandhandel abwandern würden, um dort von den günstigeren Preisen zu profitieren. Die einfachste Lösung wäre ein Rx-Versandverbot.
„Der Besuch in der Apotheke in meinem Wahlkreis hat wieder eindrucksvoll gezeigt, welchen wichtigen Beitrag Apotheken für die Gesundheitsversorgung vor Ort leisten“, betonte Hiller. Die Apothekerinnen und Apotheker seien kompetente Ansprechpartner für Patientinnen und Patienten und ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Gesundheitssystems. „Für mich ist klar: Wir müssen die Apotheken vor Ort stärken und gemeinsam Lösungen entwickeln, damit die wohnortnahe Versorgung auch in Zukunft zuverlässig und leistungsfähig bleibt.“