Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an Dr. Mary Brunkow, Dr. Fred Ramsdell (beide USA) und Dr. Shimon Sakaguchi (Japan). Ausgezeichnet werden ihre Entdeckungen zur sogenannten peripheren Immuntoleranz, die verhindert, dass das Immunsystem dem Körper schadet. Das teilte das Karolinska-Institut in Stockholm mit. Die bedeutendste Auszeichnung für Mediziner ist mit 11 Millionen schwedischen Kronen (rund eine Million Euro) dotiert.
Ihre Entdeckungen hätten die Basis für ein neues Feld der Wissenschaft gelegt und die Entwicklung mehrerer neuer Behandlungsmethoden etwa gegen Krebs und Autoimmunkrankheiten vorangetrieben, sagte Marie Wahren-Herlenius vom Karolinska-Institut.
Die Grundlage lieferte der Japaner Sakaguchi: Er identifizierte Mitte der 1990er Jahre eine bislang unbekannte Gruppe von Immunzellen, die sogenannten regulatorischen T-Zellen, die die Reaktion des Immunsystems regulieren und so Autoimmun-Reaktionen verhindern. Einige Jahre später entdeckten Brunkow und Ramsdell, dass eine bestimmte Mutation des Gens Foxp3 Mäuse anfällig für Autoimmunerkrankungen macht. Sakaguchi zeigte kurz danach, dass dieses Gen für die regulatorischen T-Zellen zuständig ist.
„Wir verstehen jetzt besser, wie das Immunsystem funktioniert und warum nicht jeder von uns eine schwere Autoimmunerkrankung entwickelt“, erklärte Olle Kämpe, Vorsitzender des Nobelkomitees.
Brunkow und Ramsdell, werden – oder haben inzwischen – vermutlich erst verspätet von ihrer Auszeichnung erfahren. Er habe nur den Japaner Shimon Sakaguchi in seinem Labor erreichen können, sagte der Sekretär der Nobelversammlung des Stockholmer Karolinska-Instituts, Thomas Perlmann, bei der Preisbekanntgabe. „Leider konnte ich keinen der beiden anderen erreichen. Wir haben ihre Telefonnummern, aber sie haben vermutlich auf lautlos gestellt.“ Er habe beide um einen Rückruf gebeten.
Brunkow und Ramsdell leben und arbeiten beide an der US-Westküste – zum Zeitpunkt der Preisbekanntgabe war es dort noch vor 3 Uhr in der Frühe. Sakaguchi dagegen habe „unglaublich dankbar“ geklungen und gesagt, dass die Auszeichnung eine „fantastische Ehre“ sei, berichtete Perlmann. „Er war von der Nachricht ganz gerührt.“
Brunkow wurde 1961 geboren. Sie promovierte an der Princeton-Universität in den USA und arbeitet am Institute for Systems Biology in der US-Westküstenmetropole Seattle. Der 64-jährige Ramsdell stammt aus dem US-Staat Illinois und promovierte an der Universität von Kalifornien in Los Angeles. Er ist wissenschaftlicher Berater bei Sonoma Biotherapeutics in San Francisco. Der 74 Jahre alter Japanaer Shimon Sakaguchi promovierte 1983 in Kyoto. Er ist Professor an der Universität von Osaka.
Die Bekanntgabe in der Preiskategorie Physiologie oder Medizin macht bei der alljährlichen Kür außergewöhnlicher Experten, Literaten und Friedensstifter traditionell den Anfang. In den kommenden Tagen folgen dann nach und nach die Verkündungen in den weiteren Kategorien Physik, Chemie, Literatur, Frieden sowie Wirtschaftswissenschaften.
Die Nobelpreise gehen auf den schwedischen Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Er veranlasste in seinem Testament, dass mit den Zinsen seines Vermögens Preise für diejenigen finanziert werden sollen, die der Menschheit im jeweils vorangegangenen Jahr in den Kategorien Physik, Chemie, Physiologie/Medizin, Literatur und Frieden den größten Nutzen gebracht haben.
Die Auszeichnung in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften kam erst Ende der 1960er Jahre hinzu. Sie wird von der schwedischen Zentralbank gestiftet.
Die ersten Nobelpreise waren im Jahr 1901 vergeben worden – den ersten Medizin-Nobelpreis erhielt damals der Deutsche Emil von Behring. Der bisher letzte aus Deutschland stammende Medizin-Preisträger war 2013 der in Göttingen geborene Deutsch-Amerikaner Professor Dr. Thomas Südhof. 2022 war der in Leipzig arbeitende Schwede Professor Dr. Svante Pääbo für seine bahnbrechenden Erkenntnisse zur menschlichen Evolution mit dem Preis ausgezeichnet worden.
Als bislang einzige deutsche Frau zählte Professor Dr. Christiane Nüsslein-Volhard vor 30 Jahren zu den Medizin-Nobelpreisträgern. Insgesamt waren unter den bisherigen 229 Preisträgern in der Kategorie nur 13 Frauen.
Der Medizin-Nobelpreis kann an einen Einzelpreisträger oder an zwei oder drei Forschende zusammen vergeben werden, die zum Beispiel zum selben Themenfeld geforscht haben. Im vergangenen Jahr war die Auszeichnung an die US-Amerikaner Professor Dr. Victor Ambros und Professor Dr. Gary Ruvkun gegangen. Sie wurden damit für die Entdeckung der microRNA und ihrer Rolle bei der Genregulierung geehrt.
Überreicht werden die Nobelpreise am 10. Dezember, dem Todestag von Nobel. Dotiert ist die Auszeichnung in diesem Jahr erneut mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund eine Million Euro) pro Kategorie.
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