Ab morgen verpflichtend

ePA in den Apotheken: „Es läuft noch nicht überall rund“

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Berlin -

Ab Mittwoch ist die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) für Arztpraxen und Kliniken Pflicht. Nach wie vor gibt es Vorbehalte gegen die Opt-Out-Lösung und auch technisch läuft es noch nicht komplett rund. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) waren zuletzt immer noch ein Fünftel der Praxen ohne entsprechende technische Ausrüstung durch ihre Systemanbieter. „Sie ist da“, es gibt sie, die ePA“, sagt auch der Hamburger Apotheker Kai-Peter Siemsen. Er habe keine Schwierigkeiten mit dem System, weiß aber um die noch offenen Baustellen.

„Es läuft noch nicht in allen Arztpraxen rund, auch nicht in allen Apotheken“, weiß Siemsen. Er selbst ist mit Pharmatechnik am Start und freut sich von Anfang an als Modellregion-Apotheker über laufende Funktionen. Doch das sei nicht überall so: „Einige können mittelmäßig darauf zugreifen“, hat er aus anderen Apotheken gehört. „Es gibt wohl bei einigen Schwierigkeiten, konstant zuzugreifen.“ Der Wille sei da, aber die technische Umsetzung laufe nicht überall ohne Probleme.

Bei den Patient:innen ist die ePA noch nicht in der Breite angekommen. Während die Praxen schon fleißig befüllen und zumindest für die Erstbefüllung einen Obolus bekommen, haben gerade einmal etwa 3 Prozent der Versicherten über ihre Krankenkassen-App Zugriff auf ihre digitale Akte. „Sie ist da“, kommentiert Siemsen – viel mehr aber auch noch nicht. Häufig nachgefragt wird von Patient:innen nicht. „Es werden immer mehr Patienten, die wissen, dass es die ePA gibt. Die werden vor allem durch Ärzte informiert. Die Kassen machen da nicht so viel“, dabei wäre es genau deren Aufgabe, ihre Versicherten ausreichend zu informieren.

In den Apotheken gibt es vorerst nur den Zugriff auf den elektronischen Medikationsplan (eML) – ohne Schreibrechte. „Die eML funktioniert hervorragend bei uns und kann an jedem Arbeitsplatz gearbeitet werden. Das ist eine sehr gute Umsetzung.“ Von anderen AVS-Anbietern habe er gehört, dass es für den Zugriff in der Apotheke Adminrechte brauche, man bekomme PDF statt eines funktionellen Überblicks direkt im System. Sein System übernehme die Daten hingegen automatisiert in die Software bei Stecken der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und freigeschalteter ePA. Auch der CAVE-Check und Warnhinweise Hinweise liefen hier automatisch.

ePA einfach in den Apothekenalltag integrieren?

Und wie wird die ePA im Apothekenalltag integriert? „Wenn im Beratungsgespräch Fragen aufkommen, dann schauen wir aktiv nach“, so Siemsen. „Wenn wir Hinweise haben, dass es Probleme geben könnte, zum Beispiel bei Blutdruckmitteln. Das geht dann schnell, das ist ein Klick.“ Man sehe nun übersichtlich, welcher Arzt was verordnet hat – so seien bereits Doppelverordnungen aufgefallen, die Parallel von Haus- und Facharzt verschrieben wurden. Bei Generika und damit anderen Namen falle das den Patient:innen häufig gar nicht selbst auf, gibt Siemsen zu bedenken. „Da können Apotheken einhaken.“

Vor allem bei Patient:innen, die Shopping zwischen den Apotheken betrieben – was häufiger sei als gedacht, sagt Siemsen – sei die Übersicht ein großer Vorteil. Genauso bei der Medikationsanalyse: „Patienten vergessen doch mal, was mitzubringen.“ Und dann gebe es da noch die Präparate, über die im HV nicht so gern gesprochen wird: Werden Präparate wie Viagra beispielsweise woanders her bezogen, könnten wichtige Wechselwirkungen nicht erkannt werden.

Ähnliche Erfahrungsberichte kamen auch bei der Veranstaltung „gematik digital: ePA für Apotheken“ zutage. Auch hier hieß es, die Apotheken würden sich nun über mehr Transparenz freuen. „Das hilft uns täglich, bessere rationale Entscheidungen zu treffen“, sagte beispielsweise Jan-Niklas Francke vom Landesapothekerverband Rheinland-Pfalz. „Wir haben tatsächlich Überraschungen im Versorgungsalltag und das ist durchaus positiv gemeint.“

Zudem könnten nun viele Dinge einfach nachgeschaut werden, die vorher mühselig recherchiert werden mussten, wenn Patient:innen beispielsweise das Aussehen ihrer Tabletten „vom letzten Mal“ beschreiben. Auch ein Arzneimittelmissbrauch könne so womöglich überhaupt erst entdeckt werden. Auch mit den Ärzt:innen werde es nun häufiger Rücksprachen geben, wenn Auffälligkeiten auftauchen – wie die Praxen damit umgehen, werde die Zeit zeigen.

Noch Luft nach oben

Für manche anderen AVS und auch die Praxissysteme wünscht sich Siemsen noch ein einfacheres Handling der ePA. „Vor allem bei der Strukturierung muss das besser werden“, meint der Apotheker, der die ePA mit einem Schiffscontainer vergleicht, in den die Akten einfach unsortiert reingeschmissen werden. Auch eine Volltextsuche fehlt noch, soll aber bald kommen. „Eigentlich hätte man das von vornherein strukturiert rausgeben müssen.“ Eine stundenlange Suche in den Dokumenten sei schließlich niemandem zuzumuten.

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) weist zum verpflichtenden Start auf den enormen Mehrwert der ePA vor allem hinsichtlich der eML hin. „Mitentscheidend für die erfolgreiche Einführung der ePA wird jetzt auch die Betriebsstabilität der Telematikinfrastruktur sein. Nur wenn die Technik stabil läuft, kann die ePA nach und nach ihre Wirkung entfalten“, so Anke Richter-Scheer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVWL. Zudem müssten auch die Kliniken dringend mit der ePA arbeiten – „so wäre der Entlassbrief in der ePA für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen ein spürbarer Mehrwert“.

Beim Gematik-Gespräch mit den Apotheken tauchten noch weitere Baustellen auf: So könnten die Apotheken sehr gut in der Patienten-Aufklärung unterstützen oder beim Einrichten der ePA-App, hier sei die Finanzierungsfrage aber nach wie vor ungeklärt. Ebenfalls noch zu überdenken sei der Zugriff von drei Tagen auf die ePA, den Apotheken derzeit bekommen. Hier müsse man eher auf drei Monate gehen, analog zu den Ärzt:innen.

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