NEUE ALLGEMEINE GESUNDHEITSZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND/ AUSGABE NOVEMBER

Arzneimittelsicherheit gefährdet

Essen -

Seit dem 1. November liegt die 8. Ausgabe der "Neuen Allgemeinen Gesundheitszeitung für Deutschland" mit einer Auflage von insgesamt einer Million Exemplaren in zahlreichen deutschen Apotheken aus. Apothekenkunden erhalten das Medium kostenlos und haben die Möglichkeit, sich neben allgemeinen Gesundheitsthemen auch über gesundheitspolitische Hintergründe zu informieren.
Die "Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland" berichtet auf der Titelseite der November-Ausgabe über die Gefahren, die vom Versandhandel mit Arzneimitteln ausgehen. Trotz der Zunahme von Warnungen durch zahlreiche Experten wird dieses Thema von Interessengruppen in Wirtschaft und Politik mit bemerkenswerter Kontinuität bagatellisiert. Die Folgen trägt der Endverbraucher:

Arzneimittelversand
DIE GEFAHR AUS DEM NETZ

tka. Wir alle wiegen uns gern in Sicherheit. Das Bedürfnis nach diesem Gut ist in allen Lebenslagen groß. Ob es sich um den funktionierenden Airbag im Auto oder den unbefristeten Arbeitsvertrag handelt - maßgeblich wird die Lebensqualität von Sicherheit mitbestimmt. Auch "Arzneimittelsicherheit" ist heute mehr denn je ein Thema. Unter Beschuss befindet sich jedoch nicht die in Deutschland streng geregelte Abgabe von Arzneimitteln im Verkaufsraum einer Apotheke, sondern der Versandhandel, der jüngst scharfe Kritik einstecken musste.

Im Jahr 2004 wurde das Verbot, Versandhandel mit Arzneimitteln zu betreiben, entgegen zahlreicher Expertenwarnungen aufgehoben. Welchen Gefahren sich Endverbraucher aussetzen, wenn sie Arzneimittel im Versandhandel bestellen, untersuchte die "Stiftung Warentest". Die fatalen Ergebnisse veröffentlichte sie im Oktober dieses Jahres: Die kompetente Beratung, die in Apotheken Voraussetzung ist, da ausschließlich ausgebildetes Fachpersonal Auskunft geben darf, bleibt bei vielen Versandapotheken aus. Unbedarften Internetkäufern wurden in Testanrufen der "Stiftung Warentest" unzureichende oder falsche Auskünfte gegeben. Auch der verspätete Versand oder die Übergabe des
bestellten Produktes, z. B. an Kinder, verschaffen einen Eindruck von den Gefahren, die der Versandhandel mit Arzneimitteln birgt. Skurril und unfassbar: Der Versand von rezeptpflichtigen
Tierarzneimitteln ist weiterhin streng verboten und die Versuche, diesen per Gerichtsbeschluss durchzusetzen, sind allesamt gescheitert. Verwunderlich, dass Sicherheitsmaßnahmen bei Tieren offensichtlich mehr Beachtung finden als beim Menschen. Rufe von offiziellen Stellen, die sich intensiv mit der Problematik beschäftigt haben, werden immer lauter. Das Bundeskriminalamt (BKA)
empfiehlt in seiner Studie "Arzneimittelkriminalität - ein Wachstumsmarkt?", den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu hinterfragen. Eine besondere Gefahr sieht die Behörde
sowohl in Arzneimittelfälschungen als auch in illegalen Arzneimitteln und der damit verbundenen gesundheitlichen Schädigung der Konsumenten.

Auch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen unter der Leitung von Minister Karl-Josef Laumann (CDU) hält ein Versandhandelsverbot für nötig. Armin Laschet (CDU), NRW-Minister für Generationen, Familie und Integration, betonte auf dem Deutschen Apothekertag am 27. September in Düsseldorf, dass eine entsprechende Bundesratsinitiative bereits in Planung sei. Offensichtlich trifft dieser Vorstoß in einem Lager aber auf wenig Gegenliebe. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Bahr, betonte, dass "es nicht mehr
gangbar und mehrheitsfähig" sei, "den Versandhandel mit Arzneimitteln zu verbieten". Stattdessen fordert Bahr, gemeinsam einen mehrheitsfähigen Weg zu finden, der den Versandhandel nicht
beeinträchtigt. Mit konkreten Lösungsvorschlägen konnte er jedoch nicht aufwarten. Völlig unklar blieb, welche Motive die FDP zu solch einer Reaktion verleiten.
Auf der Welle der "Internet-Versandapotheken" reiten seit geraumer Zeit clevere Fälscher mit, die Verbraucher mit verlockenden Angeboten zum Kauf von Produkten verführen, deren Einnahme lebensgefährliche Folgen haben kann. Dass die Käufer auf diese Maschen hereinfallen, ist
nicht verwunderlich, haben doch große Internetversandhändler Arzneimittel bereits mit zweifelhaftem "Billig-Charme" belegt. Gutscheine, Boni und Superrabatte locken die Kunden. Produkte, deren
Einnahme auch mit Gefahren verbunden sein kann, werden angepriesen wie Jubiläumsvorteilspackungen Vollmilchschokolade. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt vor dem Kauf von Arzneimitteln im Internet. Der Institutsleiter Prof. Dr. Reinhard Kurth empfiehlt Endverbrauchern, "Präparate oder Arzneimittel nicht aus unsicheren Quellen über das Internet zu erwerben. Dies trifft besonders für rezeptpflichtige Arzneimittel zu, da sie wegen der mit ihrer Anwendung verbundenen besonderen Risiken der Verordnung und Kontrolle durch den Arzt bedürfen." Der Zoll in Baden-Württemberg schlägt Alarm, da er 2006 im Vergleich zum Vorjahr eine Verdreifachung der Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz feststellte. Die Ursache sieht auch diese Behörde im Versandhandel.

Warum dem Versandhandel von Arzneimitteln in Deutschland nicht wieder der Riegel vorgeschoben wird, ist angesichts der Warnungen unverständlich. In den meisten anderen, der Europäischen Union
angeschlossenen Ländern schützt der Staat die Bevölkerung bewusst mit einem Versandhandelsverbot. Die Frage, ob der deutsche Markt zunächst mit gefälschten Präparaten überschwemmt werden oder es gar zu Zwischenfällen kommen muss, bei denen Menschen zu Schaden kommen, drängt sich unweigerlich auf. Die Gefahren, die von den Behörden aufgezeigt werden, bedrohen Käufer in öffentlichen Apotheken nicht. Der Arzneimittelweg ist gesichert und unterliegt strengen Vorgaben. Arzneimittelhersteller beliefern Großhandelsunternehmen. Diese transportieren die Arzneien wiederum
mehrmals täglich ohne Umwege in die Apotheken. Auf diesem Weg können auch Arzneimittel, die plötzlich von Pharmaherstellern zurückgerufen werden müssen, innerhalb kürzester Zeit aus dem Verkehr gezogen werden. Und das mit Sicherheit.

"SCHWEIN GEHABT", ...
Ein Kommentar von Tanja Kahlert

... dachte sich der Hund, als der Tierarzt seinem Herrchen die Wurmkur persönlich überreichte. Spaß beiseite. Kaum jemand weiß, dass rezeptpflichtige Tierarzneimittel nicht per Versandhandel vertrieben
werden dürfen. Aber es ist tatsächlich so. Ausschließlich Tierärzte und Apotheken dürfen solche Präparate aushändigen. Daher ist es mehr als skandalös, dass der Versand von Arzneimitteln
für den Menschen erlaubt ist. Anstatt - wie die meisten anderen EU-Länder - den Riegel vorzuschieben, hat die Politik in Deutschland dem Versandhandel Tür und Tor geöffnet. Eine Fehlentscheidung, die
rückgängig gemacht werden muss. Stattdessen ist die Reaktion auf die Negativmeldungen aber mehr als verhalten. Offensichtlich fehlt den Politikern, die in dieser Frage federführend sind, das Rückgrat, der
Gesundheit und dem Wohlbefinden der Bevölkerung mehr Wichtigkeit zuzumessen als wirtschaftlichen Interessen.

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