Die lebensverlängernde Wirkung von Antidiabetika scheint widerlegt.
Antidiabetika eignen sich als medikamentöse Behandlungsalternative, wenn die Blutzucker- oder Blutfettwerte nicht mithilfe einer Änderung des Lebens- und Ernährungsstils normalisiert werden können. Häufig genutzt wird hierfür das Antidiabetikum Metformin. Die regelmäßige Einnahme dient vorrangig einer erhöhten Lebensqualität. Eine internationale Forschergruppe führte eine groß angelegte Meta-Analyse durch, um einen möglichen Zusammenhang zwischen einer verlängerten Lebensdauer und der medikamentösen Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 zu ermitteln.
Meta-Analyse: mehr als 120.000 Patientenakten
Forscher aus Australien, Schweden, Neuseeland, Italien, Griechenland und Kanada realisierten eine Meta-Analyse, welche die Wirkungsweise von Antidiabetika genauer beleuchtete. Dabei konzentrierten sich die Forscher auf die Sterblichkeitsrate aufgrund von kardiovaskulären Ursachen. Die Netzwerkanalyse betrachtete ebenso Faktoren wie akute Nebenwirkungen, Schlaganfälle, Herzinfarkte oder den Hämoglobinwert (HbA1c).
Die Untersuchung analysierte Daten aus insgesamt 301 klinischen Studien (randomisiert), an denen Typ 2 Diabetiker mindestens 24 Wochen lang teilnahmen. In die Auswertung mit einbezogen wurden Ergebnisse aus Untersuchungen mit rund 120.000 Erwachsenen, die eine Diabetes Monotherapie, duale Therapie oder Diabetes Triple Therapie erhielten. Insgesamt wurden neun Antidiabetikaklassen einbezogen. Neben Metformin gehörten hierzu beispielsweise Sulfonylharnstoffe, Hemmer des Natrium-Glucose-Contransporters, Basalinsulin oder Alpha-Glucoseidase-Inhibitoren.
Ergebnisse eher ernüchternd
Das Ergebnis der Untersuchung war im Endeffekt eher neutral. Es war lediglich eine begrenzte Evidenz abzuleiten, dass medikamentöse Therapieansätze bei Diabetes mellitus Typ 2 die Lebenserwartung steigern konnten. Auch gab es kaum einen signifikanten Einfluss auf mögliche kardiovaskuläre Erkrankungen. Weiterhin konstatierten die Forscher, dass die jeweils angesetzten Behandlungskonzepte bezüglich der Effizienz gleichrangig sind.
Dennoch unterstrichen leichte Tendenzen, die sich bei Monotherapien mit Metformin zeigten. So beeinflusst dieses Präparat HbA1c Wert günstiger als andere Therapiealternativen. Ähnliche Effekte wurden beobachtet, wenn Metformin mit weiteren Medikamenten kombiniert wurde. Der HbA1c Wert ist insofern wichtig, als dass er mögliche Aussagen bezüglich der anhaltenden Blutzuckereinstellung machen kann. Damit gilt dieser Wert als Marker für eine optimale Blutzuckereinstellung während der vergangenen acht bis zwölf Wochen.
Andere Studien zeigten zudem, dass eine langfristig angestrebte Senkung dieses Hämoglobinwertes im Blut nicht nur die Lebenserwartung von Typ 2 Diabetikern steigern kann, sondern auch das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen deutlich senkt. Dennoch bestärken die Forschungsergebnisse der umfangreichen Meta-Analyse die Leitlinienempfehlungen des NICE (National Institute for Health and Care Excellence), welche bei anfänglicher Therapie von Diabetes mellitus Typ 2 zur Metformin Gabe raten.
Bisherige Studienergebnisse zeichneten ein anderes Bild
Bereits im Jahr 2014 zeigte eine britische, retrospektive Analyse von Patientendaten, dass die Erstlinientherapie mit Metformin die Überlebenszeit von Typ 2 Diabetikern um durchschnittlich 15 Prozent erhöhen kann. Damalige Forschungsergebnisse zeigten, dass bei der regelmäßigen Einnahme des Antidiabetikums eine ähnlich lange Lebenszeit wie bei Menschen ohne Diabetes zu erwarten sei.
Damals wurden Behandlungsverläufe mit Sulfonylharnstoffen beziehungsweise Metformin ausgewertet. Darüber hinaus deuteten die Forscher an, dass die Einnahme von Metformin in Bezug auf eine verlängerte Lebenszeit auch für jene Personen ohne Diabetes interessant sein könnte. Kritiker argumentierten vor allem aber gegen eine Verordnung des Präparats ohne Diabetes Diagnose. Gleichzeitig wurden die vereinzelt noch bis 2014 kursierenden Vorurteile gegen Metformin bereinigt. Bei mehr als 50 Prozent aller verordneten Präparate zur Behandlung von Diabetes Typ 2 fiel die erste Wahl auf Metformin.
Antidiabetikum Metformin in der Therapie
In Kombination mit einer Anpassung des Ernährungs- und Lebensstils kann die ärztlich verordnete Einnahme von Metformin angezeigt sein, wenn sich die Blutzuckerwerte des Patienten nicht verbessern. Das Biguanid Metformin wirkt sich hemmend auf die Glukosebildung in der Leber aus. Parallel dazu unterstützt das Antidiabetikum die Aufnahme von Glukose in die Muskeln.
Zudem gehört Metformin mittlerweile zum Mittel erster Wahl, wenn es um die Behandlung von Diabetes geht. Beispielsweise reduziert die regelmäßige Anwendung das Risiko für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen. Für Diabetiker mit Übergewicht eignet sich dieses Antidiabetikum aufgrund seiner leichten, gewichtsreduzierenden Wirkungsweise.
Vereinzelt entstehen jedoch unangenehme Nebenwirkungen wie Durchfall, Erbrechen oder Übelkeit. Im Rahmen einer Tierstudie wurde belegt, dass Metformin dennoch die Fitness der Probanden steigern konnte. Hinzu kam, dass der Gewichtsverlust trotz konstanter Kalorienzufuhr möglich war. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ermöglichte die Behandlung mit dem Medikament auch mit fortschreitendem Lebensalter ein konstantes Körpergewicht. Ein weiterer positiver Effekt der Behandlung von Diabetes mellitus mit Metformin besteht darin, dass erste Hinweise auf ein minimiertes Krebsrisiko durch die regelmäßige Anwendung bestehen. Diesbezüglich sind weitere Untersuchungen notwendig.
Für den Inhalt verantwortlich ist Markus Müller