OTC-Marken

J&J: Scheitern als Chance

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Berlin -

Am Ende ist alles eine Frage der Perspektive: Vor vier Jahren musste der Konsumgüter- und Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J) in den USA eine ganze Reihe seiner bekanntesten OTC-Marken zurückrufen. Grund waren massive Produktionsprobleme; vorübergehend übernahm die Zulassungsbehörde FDA sogar die Aufsicht über drei Produktionsstätten der J&J-Tochter McNeil. Jetzt verkauft der Konzern sein Comeback als Erfolgsgeschichte.

Ab Frühjahr 2010 hatte es immer wieder Meldungen über bizarre Qualitätsmängel gegeben: Schimmel- und Modergeruch beim Analgetikum Tylenol, Holz- und Metallsplitter im Antacidum Rolaids, Bakterien im Fiebersenker Tylenol, Wirkstoffschwankungen beim Antiallergikum Benadryl.

Insgesamt 43 Kinderarzneimittel hatte McNeil alleine bei einer Großaktion im Mai 2010 zurückgerufen – nach FDA-Angaben ein nie dagewesener Vorgang in der Geschichte der Behörde. Mehr als 70 Prozent des OTC-Marktes für flüssige pädiatrische Medikamente waren damals betroffen.

Selbst bei den Rückrufen gab es zeitweise Durcheinander. 2008 soll der Konzern sogar versucht haben, alle Motrin-Produkte von diversen Händlern aufzukaufen. Erst als die FDA von der Aktion Wind bekam, soll J&J einen offiziellen Rückruf gestartet haben. Insgesamt dürften die Pannen J&J einen Milliardenbetrag gekostet haben.

Sogar der Kongress beschäftigte sich mit den Vorfällen: Die Politiker sahen systematische Versäumnisse in drei Produktionsstätten von McNeil. Eine Fabrik in Fort Washington/Pennsylvania wurde vorübergehend geschlossen, zuvor waren bei einer Inspektion dicke Staubschichten auf Anlagen, Schmutz in Inkubatoren und Löcher in Labordecken entdeckt worden.

Zwei Werke in Lancaster/Pennsylvania und Las Piedras/Puerto Rico mussten sich einem strikten Maßnahmenplan zur Behebung der Qualitätsprobleme unterwerfen.

Und heute? Laut J&J stehen drei von vier der seinerzeit zurückgerufenen Präparate wieder in den Regalen und Umsatzzuwächse von knapp 22 Prozent in den Büchern.

Konzernchef Alex Gorsky freut sich, dass die US-Verbraucher J&J die Probleme offenbar nicht übel genommen hätten: „Wir haben noch viel Volumen aufzuholen, aber wann immer wir ein Produkt auf den Markt bringen, sehen wir Resonanz bei den Kunden.“

Ebenfalls positiv sei die Rückmeldung seitens der wichtigsten Partner im Einzelhandel: „Alle großen Geschäfte waren enthusiastisch, um gemeinsam mit uns diese Marken wieder in ihren Regalen zu platzieren.“

J&J will weitere Produkte wiedereinführen und massiv promoten. „Wir werden unsere Marken weiterhin mit wissenschaftlich basierten Claims bewerben, um uns vom Wettbewerb abzugrenzen“, so Gorsky.

In Deutschland vertreibt McNeil unter anderem die Marken Dolormin, Imodium, Imogas, Livovab, Pepciddual und Terzolin. Zu J&J gehören außerdem bebe, compeed, Hexoral, Listerine, Neutrogena, Nicorette, o.b., Olynth, Penaten, Reactine und Regaine.

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