Rückblick 2018

Bekannte Wirkstoffe: Neue Indikationen, Kombinationen, Darreichungsformen Nadine Tröbitscher, 28.12.2018 11:10 Uhr

Berlin - 

Von der Entwicklung bis zur Zulassung eines neuen Arzneimittels können mehr als 13 Jahre vergehen. Dass auch mit bekannten Wirkstoffen Innovationen auf den Markt kommen können, zeigt die Bilanz 2018. Für 32 bekannte Wirkstoffe wurde die Indikation erweitert, eine neue Darreichungsform oder neue Kombinationen zugelassen.

Neue Wirkstoffkombinationen:

  • Juluca (Dolutegravir/Rilpivirin, ViiV Healthcare) ist ein Single-Tablet-Regime mit nur zwei Wirkstoffen zur Behandlung von Erwachsenen HIV-Patienten, die sich bereits einer antiretroviralen Therapie (ART) unterziehen und deren Viruslast seit mindestens sechs Monaten mit unter 50 Kopien/ml unterhalb der Nachweisgrenze liegt. Das Arzneimittel kombiniert einen Integrasehemmer und nicht-nukleosidischem Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI). Dolutegravir ist ein spezifischer Inhibitor der HIV-Integrase. Das Enzym spielt bei der Virusvermehrung eine entscheidende Rolle, denn es ist für die Integration des Virus-Genoms in die Wirtszelle verantwortlich. Bekannt ist der Wirkstoff aus Tivicay und Triumeq (Dolutegravir/Abacavir/Lamivudin, ViiV). Rilpivirin wurde von Janssen entwickelt und hemmt die Reverse Transkriptase und somit ebenfalls die Virusvermehrung. Der Arzneistoff wurde als Alternative zu Efavirenz entwickelt. Der nicht kompetitive Hemmstoff der Reversen Transkriptase bindet an die Active Site des Enzyms und behindert dessen katalytische Funktion.
  • Mysimba (Naltrexon und Bupropion, Cheplapharm) ist als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Diät und körperlicher Bewegung für Patienten ab 18 Jahren mit einem anfänglichen Body-Mass-Index (BMI) von ≥ 30 kg/m2 oder übergewichtigen Patienten mit einem BMI von ≥ 27 kg/m2 bis < 30 kg/m2 zugelassen. Übergewichtige müssen mindestens eine Begleiterkrankung wie Diabetes Typ 2, Dyslipidämie oder kontrollierte Hypertonie vorweisen, um mit Mysimba behandelt werden zu können. Der Opioid-Antagonist Naltrexon ist aus der Therapie von Opioid- oder Alkoholabhängigen bekannt. Das zur Gruppe der Antidepressiva gehörende Bupropion wird zur Behandlung von Depressionen und zur Raucherentwöhnung eingesetzt.
  • Rosuzet (Rosuvastatin/Ezetimib, Klinge) wird begleitend zu einer Diät als Substitutionstherapie zur Behandlung der primären Hypercholesterinämie eingesetzt. Die gleiche Kombination ist auch in Antilia (Hexal) zur Behandlung der primären Hypercholesterinämie und der Prävention kardiovaskulärer Ereignisse enthalten. Ezetimib ist bekannt aus Ezetrol (MSD), den selektiven, kompetetiven HMG-CoA-Reduktasehemmer Rosuvastatin kennt man aus Crestor (AstraZeneca).

 

  • Suliqua (Insulinglargin/Lixisenatid, Sanofi) ist für Erwachsene Typ-2-Diabetiker in Kombination mit Metformin zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle zugelassen. Die Betroffenen können dies nicht durch Metformin allein oder in Kombination mit einem anderen oralen Glucose-senkenden Arzneimittel (OAD) wie Sulfonylharnstoffen oder mit einem Basalinsulin erreichen. Das Arzneimittel enthält das aus Lantus bekannte Insulinglargin.
  • Trelegy Ellipta (Fluticason/Umeclidinum/Vilanterol, GSK) ist für die Behandlung der moderaten bis schweren chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zugelassen. Das Arzneimittel ist zur Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer COPD indiziert, die durch die Kombination eines inhalativen Corticosteroids und eines langwirkenden β2-Agonisten nicht ausreichend behandelt wurden. Umeclidinium besitzt anticholinerge und bronchienerweiternde Eigenschaften. Der langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonist hemmt kompetitiv die Bindung von Acetylcholin an den muskarinen Rezeptoren der glatten Muskulatur der Atemwege. Das Parasympatholytikum ist bereits als Monopräparat Incruse und als Anoro in Kombination mit Vilanterol auf dem Markt. Vilanterol ist ein Derivat von Salmeterol und ein selektives langwirksames β2-Sympathomimetikum (LABA), das in Kombination mit dem Corticoid Fluticason verabreicht wird. In Deutschland hat GSK das Duo als Relvar Ellipta auf dem Markt.
  • Vyxeos (Jazz Pharma) ist die Kombination aus dem Anthracyclin Daunorubicin und Cytarabin, dem zytostatische Eigenschaften zugesprochen werden. Das Arzneimittel ist zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) zugelassen.

 

Neue Darreichungsform:

  • Alkindi (Hydrocortison, Diurnal) hat im Mai die Zulassung als Granulat zur Entnahme aus Kapseln erhalten. Indiziert ist das Arzneimittel zur Erhaltungstherapie bei Niereninsuffizienz bei Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen. Das Arzneimittel ist für die Behandlung von Geburt an bis 18 Jahren möglich.
  • Amglidia (Glibenclamid, Ammtek) hat im Oktober sowohl die Zulassung einer neuen Indikation als auch einer neuen Darreichungsform erhalten. Die Suspension zum Einnehmen ist zur Behandlung von Diabetes bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern indiziert. Amglidia ist das Hybridarzneimittel von Daonil, das seit Januar 1969 in der EU jedoch in anderer Stärke, Indikation und Darreichungsform zugelassen ist.
  • Buvidal (Buprenorphin, Camurus) ist ein Hybridarzneimittel zu Subutex (Indivior). Die Sublingualtabletten sind bereits seit 1998 in der EU zugelassen. Bei identischem Wirkstoff unterscheiden sich die Arzneimittel in Stärke und Darreichungsform. Buvidal ist als Depotlösung zur subkutanen Injektion in vorgefüllten Fertigspritzen auf dem Markt. Die Dosierung erfolgt patientenindividuell und kann entweder wöchentlich in den Stärken 8, 16, 24 und 32 mg verabreicht werden oder monatlich in den Stärken 64, 96 und 128 mg. Indiziert ist das Arzneimittel zur Behandlung einer Opioidabhängigkeit bei Patienten ab einem Alter von 16 Jahren im Rahmen einer medizinischen, sozialen und psychologischen Therapie. Sehr häufige Nebenwirkungen unter Buvidal sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Hyperhidrose und Schlaflosigkeit.

 

  • Cuprior (Trientin, gmp Orphan) wird zur Behandlung von Morbus Wilson ab einem Alter von fünf Jahren eingesetzt und ist seit Oktober in der neuen Formulierung mit Trientintetrahydrochlorid zugelassen. Cuprior ist ein Hybridarzneimittel zum Referenzarzneimittel mit Trientindihydrochlorid. Der Unterschied zwischen Cuprior und dem Referenzarzneimittel ist, dass Cuprior Trientintetrahydrochlorid enthält und nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden muss.
  • Epaclob (Clobazepam, Ethypharm) ist zu 150 und 250 ml als Suspension zum Einnehmen auf dem Markt. Zuvor war das Arzneimittel als Tablette verfügbar. Das Arzneimittel ist für die adjuvante Therapie von Epilepsie bei Erwachsenen und Kindern – älter als zwei Jahre – zugelassen. Vorausgesetzt die Standardbehandlung mit einem oder mehreren Antiepileptika war ohne Erfolg. Die Suspension wird angewendet, wenn der Arzt diese den Tabletten vorzieht.
  • Fortacin (Lidocain/Prilocain, Recordati) ist seit Februar als kutanes Spray zur Behandlung der vorzeitigen Ejakulation zugelassen. Die Lokalanästhetika blockieren die spannungsabhängigen Natrium-Kanäle in den Zellmembranen der Nervenzelle. Fortacin ist mit dieser Indikation und Galenik ein Unikat, außerdem ist es rezeptpflichtig. Das ist dem zentralen Zulassungsverfahren geschuldet, denn normalerweise sind Lidocain und Prilocain zur Anwendung auf der Haut und Schleimhaut gemäß Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) von der Verschreibungspflicht befreit. Das Präparat ist den sogenannten Lifestyle-Arzneimitteln zuzuordnen.

 

  • Imanivec (Imatinib, TAD Pharma) ist zur Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie indiziert. Das Arzneimittel hat im Januar die Zulassung als Tablette zum Herstellen einer Suspension zum Einnehmen erhalten.
  • Lynparza (Olaparib, AstraZeneca) ist seit Dezember 2014 als Kapsel in der EU zugelassen. Im Mai hat AstraZeneca von der EU-Kommission die Marktzulassung für Lynparza Tabletten erhalten. Diese sind zum 1. Juni zu 100 und 150 mg gelistet. Beide Darreichungsformen dürfen jedoch nicht gegeneinander ausgetauscht werden; weder 1:1 noch auf Milligramm-Basis. Olaparib ist ein Poly-ADP-Ribose-Polymerase-Hemmer, der durch Hemmung des Enzyms, das für die Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen benötigt wird, das Tumorwachstum hemmen kann.
  • Mimpara (Cinacalcet, Amgen) wirkt als Modulator an Calciumrezeptoren der Nebenschilddrüse und hemmt dadurch die Ausschüttung von Parathormon. Das Präparat ist zur Behandlung von sekundärem Hyperparathyreoidismus (s-HPT) bei dialysepflichtigen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz zugelassen. Das Arzneimittel ist seit August als Granulat in Kapseln zugelassen.

 

  • PregaTab (Pregabalin, Neuraxpharm) ist zur Anwendung bei neuropathischen Schmerzen, Epilepsie und generalisierten Angststörungen zugelassen. Seit Juli hat hat Neuraxpharm Pregabalin als Tablette auf dem Markt. Die neue Galenik ermöglicht eine flexible und individuelle Dosierung. Die Mitbewerber haben Kapseln am Markt.
  • Ropivacain BioQ Pharma ReadyfusOR hat im September die Zulassung als Applikationssystem zur Verabreichung von 10 mg/ h erhalten. Das Arzneimittel wird zu Behandlung von akuten, postoperativen Schmerzen eingesetzt.
  • Sialanar (Glycopyrroniumbromid, GSK) ist zur Behandlung der Sialorrhö zugelassen. Das Arzneimittel hat im April die Zulassung als Lösung zum Einnehmen erhalten. Glycopyrroniumbromid ist ein langwirksames Parasympatholytikum, das an den Muskarin-Rezeptoren angreift. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Verwirrtheit, Hautausschlag, Nasopharyngitis, Trockenheit der Schleimhäute, Verstopfung, Durchfall, Brechreiz und Harnverhalten.

 

  • Xtandi (Enzalutamid, Astellas) ist seit 15. Juli als Filmtablette auf dem Markt. Zum 31. August hat die neue Galenik die bisher verfügbaren Weichkapseln abgelöst. Das Arzneimittel ist seit Dezember 2014 für Männer mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (CRPC) zugelassen, die noch keine oder nur leichte Beschwerden haben, nachdem die Androgenentzugstherapie versagt hat, und bei denen noch keine Chemotherapie angezeigt ist. Außerdem ist Xtandi indiziert, wenn das metastasierte CRPC während oder nach einer Behandlung mit Docetaxel fortschreitet.

Elf Wirkstoffe haben eine Indikationserweiterung erfahren. Darunter Cabometyx (Capozanitinib, Ipsen) mit der behandlung des Leberzellkarzinoms, Cimzia (Certolizumab pegol, UCB) zur Behandlung der Plaque-Psoriasis, Hizentra (normales Immunglobulin, CSL Behring) zur Behandlung der chronisch, inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuroptahie sowie Repatha (Evolocumab, Amgen) zur Prävention sekundärer kardiovaskulärer Ereignisse.