ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Impfungen in Apotheken noch in diesem Jahr! Alexander Müller, 15.01.2022 08:01 Uhr

Die Apothekenteams können sich freuen: Vielleicht noch in diesem Jahr können sie in die Impfkampagne einsteigen.
Berlin - 

Jubel im Team der Rosen-Apotheke: Noch in diesem Jahr sollen Corona-Impfungen auch in Apotheken möglich sein. „Wenn alles klappt, werden wir vor Weihnachten die ersten Menschen bei uns in der Offizin boostern können“, freut sich Inhaberin Marcela. Also zum vierten Mal boostern. Und vielleicht auch nicht in der Offizin. Aber immerhin.

Auf einmal ging alles ganz schnell: Die Politik wollte die Impfkampagne ankurbeln und lud Apotheker:innen, Tier- und Zahnärzt:innen ein, mit anzupacken. Das Team der Rosen-Apotheke war sofort Feuer und Flamme: Viele hatten schon in den Impfzentren ausgeholfen und die Impfstoffbeschaffung und -verteilung war längst perfektioniert. Warum nicht auch noch diesen letzten Schritt übernehmen und den Menschen ein niedrigschwelliges Angebot machen? Schließlich klagten viele Kund:innen, dass ihnen das mit dem Termin buchen einfach zu kompliziert sei.

Leider bekamen dann 57.000 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte (hauptsächlich Ärzte) einen kollektiven Krampanfall, als sie erfuhren, dass Apotheken hochärztliche Tätigkeiten durchführen sollten. Zum Glück konnten die Apothekenteams Erste Hilfe und so war den Kolleg:innen schnell geholfen. Da die sich von dem Schreck noch erholen mussten und sowieso keine Zeit für die ganzen Impfungen hatten – außer es gäbe etwas mehr Geld dafür –, erklärten sie sich schließlich bereit, zu teilen. Die Apotheken könnten doch beispielsweise die Abende und Wochenenden übernehmen mit ihren Impfangeboten.

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Team Rosen-Apotheke hätte sogar nachts geimpft, auch hier erwartet das die Kundschaft. Das Wann war damit geklärt, aber das Wer noch nicht. PTA Merle würde sich das Setzen der Spritze nach einer Schulung durchaus zutrauen. Sie war bei mehr als 1500 Impfungen im Impfzentrum dabei, hat alle Spritzen richtig aufgezogen und findet den Pieks nicht unbedingt den schwierigsten Part. Ist ja nicht so, dass MTA das nicht auch könnten und dürften. Oder jeder Diabetiker. Doch es standesdünkelte und das Impfrecht blieb apothekerexklusiv.

Aber auch die Pharmazeut:innen können das nicht einfach so, sondern erst nach 540 Minuten Intensivschulung. Die musste erst konzipiert werden. Die Berufsorganisationen KNACK und BACK wurden monatelang eingesperrt, endlich stieg weißer Rauch auf: Habemus Curriculum! Und nachdem geklärt war, dass man nach Grippeimpfschulung nur Volljährige impfen darf, die Hepatits-Impfung dem Team angeboten werden muss, eine Covid-19-Impfpflicht aber nur für Apotheker besteht, die zusätzlich medizinische Bademeister sind, hätte es eigentlich los gehen können.

Wäre da nicht die Apothekenbetriebsordnung und die paradoxerweise in ihr enthaltende Raumeinheit. Ein komplexes Geflecht aus apothekenüblicher Dienstleistung in zusammenhängenden Räumen. Sieben Frischgeimpfte sollen für 15 Minuten ins anaphylaktisch-prophylaktische Abklingbecken, dürfen aber von da aus Rezeptur und Labor nicht einsehen können und auf keinen Fall die Mitarbeitertoilette benutzen. Rechnen Sie aus, wie pandemietauglich deutsche Bürokratie ist.

Bis zum Herbst sollten diese Fragen aber geklärt sein: intern/extern, Anmelde-/Wartebereich. Und dann fehlt nur noch das Portal. Impfende Apotheken müssen schließlich jede Impfung – offenbar einzeln – an Robert Koch und sein Institut melden. Und wer denkt, mit einer einfachen Schnittstelle in einer bestehenden technischen Infrastruktur sei das getan, hat wohl noch nie ein Impfzertifikat ausgestellt.

Aber jetzt hat die Rosen-Apotheke die Zusage bekommen, dass wir „voraussichtlich im Winter allen Apotheken ein Impfangebotangebot machen können, sofern bis dahin alle technischen und regulatorischen Fragen abschließend geklärt sind“. Klingt doch super. Marcela und das Team der Rosen-Apotheke freuen sich, dass sie bei einer der nächsten Virus-Varianten am Start sein können. Projekt Omega, oder Phi, wenn es richtig gut läuft.

Nicht schnell genug kann es immer mehr Menschen gehen, die ganz plötzlich SOFORT etwas haben müssen. Zum Glück gibt es viele unterbezahlte Fahrer:innen von Liederdiensten, die das möglich machen – immer öfter sogar bei Arzneimitteln. München wird zur Apocity. Wers braucht...

Weiter Ärger macht das E-Rezept. Wegen der SMC-B-Ansage der Gematik, wird diese jetzt von den Apothekerkammern verklagt. Was für eine Saga. Herr Leyck Dieken könnte ein Buch darüber schreiben. Vielleicht steuert Herr Klose auch wieder ein Kapitel bei, der hat sich ja vom BMG zu IBM nicht allzu weit wegbewegt. Apothekeninhaber können dagegen schon Ärger bekommen, wenn sie drei Tage zu viel Urlaub nehmen. Der LAV Sachsen-Anhalt warnt jedenfalls weiter vor E-Rezepten und liegt damit offenbar nicht so falsch: Bei diesem Test wollte die Warenwirtschaft die Verordnung partout nicht herausrücken.

Reden wir zum Schluss noch über Geld: Wer profitiert vom neuen Tarifvertrag und können personalkostengeplagte Inhaber:innen den Zuschlag vielleicht sogar als Chance begreifen? Diskutieren Sie gerne mit, oder hören Sie nur zu. Dasselbe gilt für kommenden Montag: Da geht es im APOTHEKE ADHOC Webinar nämlich um das Impfen in der Apotheke (hier kostenlos anmelden). Denn Sie wollen doch bis Weihnachten fertig sein. Bis dahin, schönes Wochenende!