Marburger Bund

Tarifeinheit: Ärzte sehen sich benachteiligt

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Karlsruhe -

Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund sieht sich durch die Tarifeinheit in besonderem Maße beeinträchtigt. Die Ärzte stellten im Betrieb immer eine Minderheit dar, sagte der Vorsitzende Rudolf Henke bei der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über das Gesetz zur Tarifeinheit.

In einem Krankenhaus könne der Marburger Bund maximal 15 Prozent der Beschäftigen organisieren – das sei in der Regel der Anteil der Ärzte an der Belegschaft, sagte Henke weiter. Es würde die Gewerkschaft schwer beeinträchtigen, wenn sie nur noch als „Bittsteller“ gesehen würde und bei Tarifverhandlungen nur noch am „Katzentisch“ Platz nehmen dürfte. Dies aber sei die Folge der Neuregelungen. Gegen das Gesetz klagen neben dem Marburger Bund zahlreiche andere Gewerkschaften.

Das umstrittene Tarifeinheitsgesetz von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat diese Woche eine intensive Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht zu überstehen. Die Karlsruher Richter verhandeln heute und morgen zwei volle Tage über die im Juli 2015 in Kraft getretene Neuregelung. Dagegen geklagt haben etliche Gewerkschaften. Sie bangen um ihre Koalitionsfreiheit und ihr Streikrecht – und damit um ihren Einfluss.

Denn das Gesetz regelt, dass sich bei mehreren konkurrierenden Tarifverträgen künftig diejenige Gewerkschaft durchsetzt, die in dem betroffenen Betrieb die meisten Mitglieder hat. Die unterlegene Gewerkschaft kann sich nur anschließen und den Vertrag nachzeichnen.

Mit dieser Regelung will die große Koalition wieder für klare Verhältnisse sorgen. Denn eine jahrzehntelange Praxis nach dem Motto „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ hatte das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2010 gekippt. Damit waren auf einmal mehrere Verträge zulässig.

Die Gewerkschaften kritisieren das Tarifeinheitsgesetz als verfassungswidrig. In Karlsruhe sind insgesamt elf Klagen anhängig. Fünf davon nimmt der Erste Senat unter Vizegerichtspräsident Ferdinand Kirchhof beispielhaft unter die Lupe: von Verdi, dem Beamtenbund dbb, der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, der Pilotenvereinigung Cockpit und der Kabinengewerkschaft Ufo.

Unter den übrigen Klägern sind auch die Lokführer-Gewerkschaft GDL, die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV). Mehrere Eilanträge gegen das Gesetz hatten die Verfassungsrichter im Oktober 2015 abgewiesen. Der Ausgang im Hauptsacheverfahren sei aber offen, hieß es damals. Ministerin Nahles hat sich in Karlsruhe für beide Verhandlungstage angekündigt.

Anschließend wird der Senat im Geheimen beraten und sein Urteil ausarbeiten. Die Verkündung der Entscheidung dürfte frühestens in einigen Monaten zu erwarten sein.

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