Welt-Lepra-Tag

Die vergessene Seuche

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Berlin -

Lepra ist schon seit dem Altertum bekannt. Auch Tausende Jahre später ist die Infektionskrankheit entgegen landläufiger Meinung nicht ausgerottet: Weltweit sind 2014 mehr als 200.000 Menschen an Lepra erkrankt. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ist die Prognose günstig.

Der Name leitet sich ab vom griechischen „lepros“, (schuppig, aussätzig) – eine Analogie zum Krankheitsbild mit fleckiger, schuppiger Haut. Mycobacterium leprae wurde 1873 durch den norwegischen Arzt Armauer Hansen entdeckt. Der Erreger ist ausschließlich in infizierten Wirtszellen zu finden, anderswo überlebt er nicht. Dies hat zur Folge, dass eine humorale Abwehr des Immunsystems über Antikörper fast nicht stattfinden kann. Nur die zelluläre Abwehr funktioniert.

Obwohl Lepra nur schwach ansteckend ist, wurden früher viele Erkrankte in Leprakolonien abgeschoben. Schon das Handgeben galt früher als Übertragungsrisiko. Nach heutigem Kenntnisstand wird die Krankheit per Tröpfcheninfektion über kleine Wunden oder die Atemwege übertragen. Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt vier bis sechs Jahre.

In den meisten Fällen sind Haut und Nervensystem betroffen. Je nach Ausprägung können aber auch Augen, obere Atemwege, Knochenmark oder Hoden befallen sein. Durch die Beeinträchtigung der Nerven gehen Berührungs-, Temperatur- und Schmerzempfinden verloren – Patienten verletzen sich häufig. Wenn die Muskeln verkümmern, kommt es zu Lähmungen und teilweise schweren Deformationen.

Vor allem in Regionen mit viel Armut und mangelnder Hygiene treten nach wie vor Infektionen auf. Die chronische Krankheit ist heilbar; in der Regel wird eine Kombination der Antibiotika Dapson, Rifampicin und Clofazimin eingesetzt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt wegen der hohen Widerstandskraft des Erregers eine Behandlung über sechs Monate, in schweren Fällen kann die Gabe bis zu zwei Jahren dauern. Wird Lepra erst sehr spät diagnostiziert, bleiben trotz Behandlung erhebliche körperliche Schäden.

Indien ist mit offiziell 125.785 neu erkrankten Menschen im Jahr 2014 das am stärksten betroffene Land. Die Zahlen schwankten in den vergangenen Jahren leicht, gingen aber nicht deutlich zurück. Es folgt Brasilien, wo derzeit über 30.000 neue Lepra-Fälle pro Jahr registriert werden. „Die Dunkelziffer ist auf jeden Fall noch viel höher“, betont der im fünftgrößten Land der Welt tätige Lepra-Experte Reinaldo Bechler von der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW). Weltweit hätten rund 214.000 Menschen im Jahr 2014 die Diagnose Lepra erhalten, berichtet die Organisation anlässlich des Weltlepratages am 31. Januar.

Die DAHW kritisiert, dass es in Brasilien trotz Zehntausender neuer Fälle zu wenig Bemühungen gebe, Lepra auszurotten. So würden Ärzte nicht ausreichend ausgebildet, viele könnten Lepra gar nicht diagnostizieren. Alle finanziellen und personellen Ressourcen würden derzeit im Kampf gegen das sich ausbreitende Dengue-Fieber und das ebenfalls von Mücken übertragene Zika-Virus eingesetzt.

Vorbildlich arbeiten laut DAHW hingegen afrikanische Länder wie Äthiopien, Nigeria, Senegal, Tansania oder Uganda. Es gebe hier regelmäßige und intensive Schulungen des Personals im staatlichen Gesundheitssystem, schnelle Diagnose und Therapie, regelmäßige Kontrolle der Patienten – und Untersuchungen im sozialen Umfeld.

In Deutschland wurden in den vergangenen drei Jahren insgesamt sechs Fälle registriert. Alle Betroffenen waren Menschen mit Migrationshintergrund, die wahrscheinlich bereits in ihrem Heimatland infiziert waren. Die Organisation erhält eigenen Angaben zufolge Spenden und Zuschüsse von etwa 13 Millionen Euro, mit denen Projekte in 120 Ländern unterstützt werden.

Laut DAHW kostet eine Therapie 50 Euro pro Patient. Das ist nicht viel, doch ein wirksamer Schlüssel zur Ausrottung liegt trotz aller Forschungen noch nicht vor: ein Impfstoff. Aber: Neun von zehn Menschen sind ohnehin immun. Wer sich anstecken kann und wer nicht, das ist noch eines der großen Lepra-Rätsel.

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