Hamburg

AOK kündigt Hilfsmittelvertrag fristlos

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Berlin -

Hamburger Apotheken dürfen ab morgen keine Hilfsmittel mehr an AOK-Versicherte abgeben – zumindest, wenn es nach der AOK Rheinland/Hamburg geht. Anders sieht es der Hamburger Apothekerverein (HAV): Der wirft der Kasse vor, die Versorgungsberechtigung rechtswidrig aufgekündigt zu haben, und will juristisch gegen die AOK vorgehen.

In dem Streit geht es um den Hilfsmittelvertrag der AOK Rheinland/Hamburg: Der bestehende Vertrag war aus Sicht der Kasse offenbar zu vorteilhaft. Zuletzt war der Apothekerverband Westfalen-Lippe dem Hamburger Vertrag beigetreten, um Versicherte der AOK Rheinland/Hamburg aus dem benachbarten Nordrhein versorgen zu können. Das Sozialgericht Gelsenkirchen hat im April bestätigt, dass Apotheker jedem Liefervertrag beitreten können, dem sie beitreten möchten.

„Um dieses wettbewerbsfreundliche Wahlrecht mit allen Mitteln zu verhindern, setzt die AOK nun auch die Versorgung ihrer Versicherten in Hamburg aufs Spiel“, kritisiert der HAV-Vorsitzende Dr. Jörn Graue. Die Kasse behaupte „wider besseres Wissen“, dass der Vertrag außer Kraft gesetzt sei, obwohl eine Kündigung frühestens zum Jahresende möglich sei.

Konkret geht es um drei Produktgruppen: Hilfsmittel bei Tracheostoma, Inkontinenzhilfen und Stomaartikel. Diese Artikel habe die AOK Anfang des Jahres ausgeschrieben, so HAV-Geschäftsführer Dr. Thomas Friedrich. Da die Apotheker einen Vertrag gehabt hätten und weitere Verhandlungen liefen, sei die Diskussion um diese Hilfsmittel zunächst vertagt worden. Den Verträgen mit anderen Leistungserbringern will die AOK nun, so die Kritik des HAV, „unter Umgehung der freien Wahl ihrer Versicherten den Vorzug geben“.

Mitte Juni habe die AOK dem Verein überraschend mitgeteilt, vorsichtshalber den gesamten Hilfsmittelvertrag außerordentlich kündigen zu wollen, so Friedrich. Tatsächlich hätten aber nur die drei Produktgruppen verhandelt werden sollen. Nach mehrfachem Hin und Her habe die AOK nun mitgeteilt, dass sie ab Juli von einem rechtslosen Zustand ausgehe. Die Hamburger Apotheker seien also nicht mehr zur Versorgung berechtigt. Entsprechende Rezepte würden künftig nicht mehr bezahlt.

Die Ankündigung erfolgte dem HAV zufolge, obwohl der bestehende Liefervertrag zu diesem Zeitpunkt nicht wirksam gekündigt wurde. „Dieser Versuch eines Rechtsbruches hat uns völlig überrascht“, sagt Graue. Er widerspreche den guten Traditionen einer Jahrzehnte währenden Vertragspartnerschaft. Leidtragende sind aus seiner Sicht die AOK-Versicherten in Hamburg.

Der Verband will sich gegen die Entscheidung der AOK wehren: „Wir werden unsere Mitgliedsapotheken und die AOK-Versicherten über diesen angestrebten Vertragsbruch informieren und gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen“, so Graue.

Die Apotheken in Hamburg stehen nun vor der Wahl: „Wir sind überzeugt, dass der Vertrag weiter gilt“, so Friedrich. Der Verein werde Apotheken im Fall von Retaxationen unterstützen. Allerdings seien Rechnungskürzungen immer ein Risiko, und bis zur endgültigen Entscheidung vergehe womöglich viel Zeit. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte daher im Vorfeld eine Genehmigung einholen.

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