Skonto-Sperre und Zwangsrabatt

„Wir müssen über den Kassenabschlag reden“

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Berlin -

Am Wochenende war die APOTHEKENTOUR in Hannover zu Gast. Dabei fand Matthias Götzlaff vom Landesapothekerverband Niedersachsen (LAV) offene Worte zur Lage der Apotheken, zum Skonto-Urteil, zur längst überfälligen Honorarerhöhung und zu den pharmazeutischen Dienstleistungen.

Was löst das Skonti-Urteil bei Götzlaff aus? „Wir wissen nicht genau, wie die Großhändler reagieren. Fest steht, der Rabatt wird auf das zulässige Maß eingefroren“, so der Inhaber der Flora-Apotheke in Haste im Gespräch mit Thomas Bellartz, Herausgeber von APOTHEKE ADHOC. „Wenn ich das jetzt mit meinen betriebswirtschaftlichen Zahlen sehe, dann wird mir wirklich angst und bange. Weil das wirklich ein Großteil dessen ist, was am Ende übrig bleibt. Was also wirklich den Gewinn ausmacht.“

Gleichzeitig werden in diesem Jahr die Personalkosten steigen – und das müssen sie auch. „Ich bin schockiert, wenn ich sehe, dass PKA nach einer abgeschlossenen Ausbildung 6 Cent über Mindestlohn liegen. Natürlich ist der Tariflohn nicht unbedingt das, was immer überall gezahlt wird. In der Regel ist es ja mehr“, so Götzlaff. Aber spätestens wenn andere Branchen anfangen, aufgrund von Personalmangel in benachbarten Bereichen zu suchen, würden diese auf das gute qualifizierte Apothekenpersonal stoßen, das derzeit schlecht bezahlt werde.

Auch wenn die Skonto-Sperre keine politische Maßnahme sei, sondern vom Gericht komme – dies sei der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringe. Was sind die Alternativen? Was muss passieren, dass nicht noch mehr Apotheken schließen oder Insolvenzen drohen? „Es fehlt das Geld“, stellt Götzlaff klar. „Ich habe ehrlich gesagt aktuell wenig Hoffnung, dass die Politik das Honorar erhöht. Oder dass der Kassenabschlag, der ja auch im Prinzip ein Skonto ist, abgeschafft wird.“ Götzlaff findet es unverständlich, dass Apotheken diesen Großkundenrabatt leisten müssen: „Schließlich machen GKV-Rezepte mehr Arbeit und wir bekommen das Geld später und dann auch noch weniger Geld. Das ergibt für mich überhaupt gar keinen Sinn.“ Hinzu komme das Retax-Risiko.

„Ich könnte mir vorstellen, dass die Politik sich doch irgendwann doch noch einsichtig zeigt, weil es natürlich eine Möglichkeit gibt, die ich allerdings auch nicht so schön finde: Man könnte den Status quo legalisieren und einfach den zulässigen Rabatt erhöhen. Dann wäre die bisherige Praxis auf einmal wieder erlaubt und der charmante Vorteil für den Gesetzgeber: Es kostet ihn ja nix, es ist ja nur eine Änderung. Das ist aber natürlich nicht der Schritt, den wir brauchen. Wir brauchen eine Erhöhung des Honorars. Und das nicht nur einmalig, sondern dynamisiert, dass wir nicht wieder 20 Jahre lang ohne Anpassung dastehen.“

Die Großhändler hätten jedoch auch andere Möglichkeiten, den Apotheken etwas zugutekommen zu lassen. Beispielsweise die Genossenschaften, die Dividende ausschütten könnten. Die Frage sei jedoch, wie weit die Gerichte Umgehungstatbestände wirklich zulassen werden.

12 Euro Honorar

Welches Honorar ist angemessen? 12 Euro sind laut Götzlaff gerechtfertigt. Diese seien das Ziel. Wenn es nur eine Dynamisierung gibt, wäre das wenigstens eine Perspektive – allerdings eine sehr sehr schlechte. „Ich bin eindeutig für die 12 Euro.“

pDL als Einnahmequelle

Sind pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) eine Einnahmequelle? Schließlich liegen mehr als 300 Millionen Euro im Topf und sind abrufbar. „Daran kann man sich überhaupt nicht gesundstoßen“, so Götzlaff. Die Vergütung sei aus einem Schiedsspruch entstanden. Abgesehen vom Fachkräftemangel seien die Berechnungen der Zeitansätze, die der Vergütung zu Grunde liegen, nicht wirklich kostendeckend – pDL seien für Patient:innen ein guter Service, der als Werbeeffekt verbucht werden könne. Die Motivation wäre eine andere, wenn Apotheken daran auch etwas verdienen würden.

Apothekenreform

Lauterbachs Vorhaben bedeuten definitiv eine Verschlechterung der Leistung, ist sich Götzlaff sicher. Light-Apotheken brauche es nicht; was es brauche, sei Bürokratieabbau. Dann könne auch trotz Personalmangel zukünftig eine älter werdende Bevölkerung versorgt werden. Eine Möglichkeit wären Freiheiten wie beim Privatrezept. Diese würden die Abläufe beschleunigen, Diskussionen einschränken und die Versorgung erheblich erleichtern und verbessern. Hinzu kommen derzeit die Nachteile beim E-Rezept.

„Es braucht sofort die wirtschaftliche Stabilisierung der Apotheken“, so Götzlaff. „Ich denke, wir müssen jetzt als verfasste Apothekerschaft, also als LAV beziehungsweise als DAV, der Vertragspartner der GKV ist, über das Skonto und den Kassenabschlag sprechen. Vielleicht muss es eine andere Vorfinanzierung der GKV geben.“

Viele dieser Themen sind im Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung festgelegt. „Ich denke, dass das Thema angegangen werden muss, damit noch vor der Wahl – noch in diesem Jahr und nicht erst, wenn noch 1000 Apotheken geschlossen sind – Bewegung in die Sache kommt.“

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