Hamburg

Apotheker klagen gegen AOK-Kündigung

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Berlin -

Zwischen dem Hamburger Apothekerverein und der AOK Rheinland/Hamburg ist ein neuer Streit um die Versorgung von Patienten mit Spezial- und Sondennahrung ausgebrochen. Die Kasse hat den bislang geltenden Arzneimittelliefervertrag in diesem Punkt kurzfristig zum 1. April gekündigt. Der Apothekerverein hat dagegen Feststellungsklage eingereicht und empfiehlt den Apothekern der Hansestadt, die Versorgung mit parenteralen Lösung „sofort einzustellen“.

Die Versorgung der Patienten ist für Hamburger Apotheken ab sofort daher nur noch auf Grundlage deutlich gekürzter Honorierung möglich. Die AOK Rheinland/Hamburg bietet laut Hamburger Apothekerverein eine Vergütung in Höhe von Einkaufspreis minus 17 Prozent an. Bislang erhalten die Apotheken auf Basis des Arzneimittelliefervertrages einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Listenpreis bei kleineren Mengen und 5 Prozent ab zehn Einheiten Spezial- und Sondennahrung.

Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, sieht im Vorgehen der AOK einen „eklatanten Vertragsbruch“. Erst am 31. März 2016, um 15.37 Uhr, habe den Apothekerverein ein Fax von der AOK erreicht, „in dem wir darüber informiert werden, dass unsere Mitgliedsapotheken ab 1. April nicht mehr berechtigt seien, AOK-Versicherte nach der bisher bestehenden Vertragslage mit Spezial- und Sondennahrung zu versorgen“, heißt es in einem Informationsschreiben an die Mitglieder des Apothekervereins. „Diese Art von Ignoranz und Aussitzen ist einer Vertragspartnerschaft unwürdig“, so Graue. Dies sei ein „ungeheuerliche Vorgang“.

Der bestehende Primärkassenvertrag sei weder insgesamt noch zu dieser Versorgungsposition gekündigt worden. Die von der AOK aufgestellte Behauptung, der Vertrag sei hinsichtlich der Spezial- und Sondennahrung nichtig, sei ebenso haltlos. Seit vergangenem Dezember verhandele der Hamburger Apothekerverein vielmehr über eine Vertragsanpassung mit der AOK. Es seien bislang zwei Vertragsgespräche geführt worden mit der beiderseitigen Bereitschaft zur Einigung.

In einem Schreiben an den AOK-Vorsitzenden Günter Wältermann hat Graue die Kündigung scharf kritisiert und ihn „ultimativ aufgefordert“, diese bis zu einer einvernehmlichen Klärung der Vertragslage zu stoppen, „um Schaden für die AOK-Versicherten abzuwenden“.

AOK-Chef Wältermann hat dies abgelehnt. Als Konsequenz hat der Hamburger Apothekerverein einstweiligen Rechtsschutz in Form einer Feststellungsklage auf Fortbestehen des Vertrages beim Sozialgericht Hamburg eingereicht. „Sehr geehrter Herr Wältermann, dieses Vorgehen ist inhaltlich und zeitlich ganz schlechter Stil“, so Graue an den AOK-Chef.

Nach Auffassung der Kasse ist der im Jahr 2008 abgeschlossene Arzneimittelliefervertrag in Bezug auf die darin enthaltene Regelung für Spezial- und Sondennahrung grundsätzlich nichtig, unter anderem weil dadurch andere Anbieter von parenteralen Lösungen von der Versorgung ausgeschlossen würden.

In einem Schreiben an den Hamburger Apothekerverein beruft sich die AOK außerdem auf weitere „rechtlich fehlerhafte“ Vertragsklauseln, die dringend korrigiert werden müssten. Der Apothekerverein beruft sich auf eine Bestandsklausel im Vertrag, die bis zum Abschluss eines neuen Versorgungsvertrages greife. Daher ist aus Sicht des Apothekervereins Hamburg eine einseitige Kündigung ausgeschlossen.

Damit erinnert der neue Streit an die Auseinandersetzung vor zwei Jahren: Anfang Juli 2014 hatte die AOK Rheinland/Hamburg den Hamburger Apotheken die Berechtigung zur Ausgabe von Hilfsmitteln abgesprochen. Nachdem die Kasse den Hilfsmittelvertrag fristlos gekündigt hatte, waren die Hamburger Apotheken nach AOK-Meinung seit dem 1. Juli 2014 nicht mehr zur Abgabe berechtigt.

Auch dagegen hatte sich der Hamburger Apothekerverein mit allen rechtlichen Mitteln zur Wehr gesetzt. Nach mehreren Verhandlungsrunden lenkte die Kasse schließlich ein und nahm die fristlose Kündigung zurück. Es wurde ein neuer Vertrag ausgehandelt. „Hat die AOK Rheinland/Hamburg aus dem Hilfsmittelkonflikt 2014 nichts gelernt?“, so Graue in Info-Schreiben an die Hamburger Apotheker.

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