Psychiatrie

Grüne: Zwangsbehandlungen überprüfen

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Berlin -

Die Grünen haben die Bundesregierung aufgefordert, Zwangsbehandlungen von psychisch kranken Menschen genauer zu überprüfen. Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink sagte: „Zwei Jahre nach der Reform des Betreuungsrechts scheint es in den psychiatrischen Krankenhäusern ein stärkeres Bewusstsein für den mit Zwang verbundenen Grundrechtseingriff zu geben. Aber wir sind noch weit entfernt von einem Ende des Zwangs in der Psychiatrie.“

Es sei nicht hinnehmbar, dass die Regierung heute noch keine Auskunft darüber geben könne, wie viele Behandlungen seit der Reform gegen den Patientenwillen durchgeführt wurden, kritisierte Klein-Schmeink. Zwangsmaßnahmen seien schwere Eingriffe in die Grundrechte von Menschen, die streng kontrolliert werden müssten. Die Regierung müsse dringend den rechtlichen Rahmen für eine lückenlose Dokumentation aller beantragten und genehmigten medizinischen Zwangsbehandlungen schaffen. Dazu sollte eine Prüfstelle benannt werden.

In den psychiatrischen Krankenhäusern fehle oft das Konzept, die Zeit oder das Personal, um auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen – „mit der Folge einer zwangsweisen Behandlung“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete weiter. „Auch die Krankenhäuser sind aufgefordert, ihre Behandlungskultur zu überprüfen.“ Das heutige Behandlungssystem bei akuten psychischen Krisen sei immer noch zu stations- und medikamentenlastig.

Wichtig sei nach der neuen Regelung, dass vor Genehmigung einer Zwangsmaßnahme der Arzt Alternativen prüfen und auch ernsthaft versuchen müsse, den Betroffenen von der Behandlung zu überzeugen oder aber diese erst mal zu unterlassen. Grundsätzlich seien weitere Anstrengungen nötig, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen und Betroffene in der Entscheidungsfindung zu unterstützen, anstatt ihre Entscheidung zu ersetzen, sagte Klein-Schmeink.

Im Februar 2013 trat das Gesetz zur „Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme“ in Kraft. Der Gesetzgeber reagierte damit auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) von Mitte 2012. Darin gab dieser seine bisherige zurückhaltende Rechtsprechung zur ärztlichen Zwangsbehandlung von Betreuten auf.

Der BGH entschied, dass es an einer „den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Regelung für eine betreuungsrechtliche Behandlung gegen den natürlichen Willen des Patienten fehlt“. Das Fehlen solcher Zwangsbefugnisse könne zu schwerwiegendem gesundheitlichen Schaden der Betroffenen führen. „Die ärztliche Zwangsbehandlung von Betreuten bedarf deshalb einer gesetzlichen Regelung“.

Eine Zwangsmaßnahme bedarf generell einer richterlichen Genehmigung. Eine Einwilligung des Betreuers reicht nicht. Voraussetzung für eine gerichtliche Entscheidung über eine ärztliche Zwangsmaßnahme wiederum sei eine unvoreingenommene ärztliche Begutachtung. Die Begutachtung dürfe nicht durch den behandelnden Arzt vorgenommen werden.

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