BfArM-Bescheide

Schmidt: „Neue Unübersichtlichkeit“

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Berlin -

Seit Anfang der Woche rätseln die Apotheker, wie sie mit Arzneimitteln umzugehen haben, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit seiner ominösen Liste gesperrt hat. Nun meldet sich die Standesvertretung zu Wort: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sieht die Ursache in der Globalisierung, DAV-Chef Fritz Becker kündigte an, sich mit den Kassen wenigstens in Sachen möglicher Retaxationen geeinigt zu haben.

Unklar für die Apotheker ist noch immer, ob sie Arzneimittel abgeben dürfen, wenn der Hersteller Widerspruch eingelegt, das BfArM seine Liste aber noch nicht aktualisiert hat. Die ABDA hat sich dazu auf Nachfrage bislang nicht geäußert.

Vom DAV heißt es jetzt: „Verordnet der Arzt ein vom Ruhen der Zulassung betroffenes Arzneimittel, darf dieses nicht mehr abgegeben werden.“ Mit dem GKV-Spitzenverband hat sich der DAV laut Becker dahingehend verständigt, statt der nicht verkehrsfähigen Präparate „nach 'Aut idem' eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abzugeben, sofern nicht ein Rabattarzneimittel vorrangig abzugeben ist“.

Könne Aut idem nicht eingehalten werden, müsse der Arzt kontaktiert werden, damit dieser eine Änderung der Verordnung vornehme oder ein neues Rezept ausstelle, so Becker. Falls ein Rabattarzneimittel betroffen sei, „ist das Sonderkennzeichen für Nichtabgabe eines Rabattarzneimittels aufzudrucken und mit der Dokumentation 'Nichtabgabe wegen Ruhen der Zulassung' zu versehen“, erklärt der DAV-Chef.

Der DAV hat das Vorgehen mit dem GKV-Spitzenverband abgestimmt, um sicherzustellen, dass Apotheker nicht noch zusätzlich Gefahr laufen, retaxiert zu werden. „Mit dieser Regelung haben wir wenigstens das Retaxationsrisiko minimiert und weitere Belastungen von den Apotheken ferngehalten", so Becker.

Inzwischen stehen von den ursprünglich 80 Präparaten noch 67 auf der Liste des BfArM. 13 Zulassungen sind demnach wieder freigegeben: Candesartan/HCT von Liconsa, Clopidogrel von Dr. Reddy's und Dexcel sowie Candesartan/HCT und Venlafaxin von Heumann.

Gegen die Bescheide von 24 weiteren Präparaten haben die Hersteller Widerspruch eingelegt. Sie stehen zwar noch auf der Liste, das Rechtsmittel hat laut BfArM aber aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat nun angekündigt, die Liste „(werk-)täglich, zumeist gegen ca. 14 Uhr“ zu aktualisieren.

ABDA-Präsident Schmidt kritisiert, der aktuelle Vorfall sei letztlich eine Konsequenz aus der fortgeschrittenen Globalisierung im Bereich der Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln. „Diese Globalisierung hat eine neue Unübersichtlichkeit geschaffen.“

Dies bringe nicht nur Verunsicherung für Patienten, auch und gerade für die Apotheken sei die Situation vollkommen unbefriedigend. „Diese müssen jetzt zusätzlichen Verwaltungsaufwand schultern und mit juristischen Unwägbarkeiten und wirtschaftlichen Risiken umgehen, wenn sie Patienten mit Alternativen zu den Arzneimitteln versorgen wollen, deren Zulassung ruht.“

Eine Konsequenz aus dem aktuellen Vorfall müsse sein, dass die Kontrollmöglichkeiten für Behörden und verantwortliche Stellen verbessert würden. „Unter anderem sollten wir zu einer Regelung kommen, die sicherstellt, dass die berufsständischen Einrichtungen der Apotheker früher und vollständiger darüber informiert werden, wenn das Ruhen von Zulassungen für Arzneimittel im größeren Maßstab angeordnet wird.“ Nur so könne sicher gestellt werden, dass die Apotheken vor Ort rechtzeitig informiert werden könnten, um die Verunsicherung von Patienten abzufangen und eine gute Arzneimittelversorgung zu garantieren.

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