OTC-Dummies

Klosterfrau: Zurück in die Sichtwahl

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Berlin -

Die OTC-Dummies von Klosterfrau sind aus Sicht des Landgerichts Köln (LG) unzulässig: Das Anbieten von leeren Packungen apothekenpflichtiger Arzneimittel sei als Selbstbedienung zu werten, entschieden die Richter gestern in einem Verfahren, das die Wettbewerbszentrale gegen den Kölner Hersteller angestrengt hatte. Sobald die Urteilsgründe vorliegen, will das Unternehmen über eine mögliche Revision entscheiden.

Klosterfrau hatte vor einem Jahr begonnen, in Apotheken sogenannte Indikationstische aufzustellen. Auf diesen werden Leerpackungen apothekenpflichtiger Arzneimittel ausgestellt, die die Kunden am HV-Tisch in die Originalware eintauschen können. Mittlerweile ist der Aufsteller in rund 2000 Apotheken vor allem in Ballungsräumen zu finden. Die Wettbewerbszentrale hatte die Aktion abgemahnt.

Klosterfrau argumentiert, die Dummies seien – genauso wie Flyer, Plakate oder Schaufensterdekorationen – als reine Werbung anzusehen. Wenn das Selbstbedienungsverbot mehr als das echte Produkt umfasse, komme dies faktisch einem Werbeverbot gleich. Anders ausgedrückt: Solange der Kunde keine Ware bekomme, könne man nicht von Selbstbedienung sprechen.

Die Richter teilten diese Einschätzung nicht. „Der Kauf findet nach dem subjektiven Empfinden in dem Moment statt, wo ich mich für ein Produkte entscheide”, so der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung.

Zwar sei der Fall anders gelagert als die echte Selbstbedienung, die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für unzulässig erklärt worden war. Doch für den Kunden mache es subjektiv keinen Unterschied, ob er sich für eine Leerpackung oder für das Produkt entscheide. „Eine CD kaufen Sie auch – von der subjektiven Wahrnehmung her – in dem Moment, wo Sie die leere Hülle aus dem Regal nehmen.“

„Wenn man Sinn und Zweck des Verbots richtig interpretiert, geht das Konzept – zumindest in dieser Form – nicht“, so der Vorsitzender Richter. Anders sehe die Sache womöglich schon aus, wenn anstelle der Leerpackungen die Produkte anhand von Steckkarten beworben würden.

Laut Gericht hat der Fall grundsätzliche Bedeutung, weil das Konzept, sofern es für zulässig erklärt werde, wegen des Renommees und der Präsenz von Klosterfrau in nahezu allen Apotheken schnell Nachahmer finden werde.

Der Anwalt von Klosterfrau, der ehemalige Geschäftsführer Hans-Georg Hoffmann, der auch lange Vorsitzender des Branchenverbands BAH war, hatte dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt: Das Interesse sei groß, die Branche halte sich aber wegen des laufenden Verfahrens noch zurück.

Klosterfrau hatte das Konzept gegenüber Apotheken als Mittel zur Ertragssteigerung beworben: „Aus Sicht Ihrer Kunden stehen in der Sichtwahl die qualitativ hochwertigsten Produkte. Sie ist die 'Schatzkammer' Ihrer Apotheke. Nutzen Sie das Potenzial dieser Produkte mit dem Indikationstisch jetzt auch in Ihrer Freiwahl!“

Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Dr. Andreas Kiefer, hatte die Aktion kritisiert: „Ob ein Arzneimittel zur Sicht- oder zur Freiwahl gehört, ist nicht in das Belieben des Herstellers gestellt“, sagte er. „Die Freiverkäuflichkeit umgeht die Beratungs- und Informationspflicht der Apotheker.“ Die BAK spreche sich entschieden dagegen aus, „die Regelungen rund um die Apothekenpflicht aufzuweichen.“

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