Brandenburg

AOK schreibt Blutzuckerteststreifen aus

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Berlin -

Beim Sparen werden die Kassen immer erfindungsreicher und machen mit Rabattverträgen nun auch vor Blutzuckerteststreifen und Blutdruckmessgeräten nicht halt. Die Ausschreibungen ersetzen Hilfsmittelverträge oder frühere Vereinbarungen mit Apothekern. Die Pharmazeuten haben somit immer weniger Einfluss auf die Auswahl der Produkte. Entscheidend ist der Preis.

In Brandenburg hat die AOK Blutzuckerteststreifen ausgeschrieben. An dem „Open-House-Vertrag“ können sich alle Hersteller beteiligen, die den Vertragsbedingungen zustimmen. Bislang haben zwei Unternehmen Vereinbarungen mit der Kasse getroffen: Activmed für GlucoCheck XL und GlucoCheck Excellent sowie Med Trust für Wellion Linus und Wellion True Track Smart.

Der Vertrag sieht einen Rabatt vor, der zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Erstattungspreis von 19,95 für 50 Teststreifen führt. Die Verträge beginnen im Oktober und laufen maximal 24 Monate. Die Open-House-Verträge können vorzeitig beendet werden, wenn die Kasse exklusive Rabattverträge mit einzelnen Herstellern schließt.

Für die Apotheken ändert sich durch die Rabattverträge nicht viel: Anders als bei Arzneimitteln müssen Blutzuckerteststreifen nicht ausgetauscht werden. Die Verträge sollen das bislang in Brandenburg geltende System verschiedener Listen ergänzen.

Die AOK stellt den Ärzten derzeit eine Liste zur Verfügung, in denen die verschiedenen Teststreifen preislich sortiert sind. Besonders günstige Teststreifen (die teuersten kosten 23,61 Euro) sind in einer grünen Liste, teurere in einer gelben (bis zu 26,52 Euro) oder orangen Liste (bis zu 27,57 Euro) und Teststreifen zu Höchstpreisen in einer roten Liste. Die Sortierung soll die Ärzte laut Kasse bei einer wirtschaftlichen Verschreibungsweise unterstützen.

Alle Teststreifen mit Rabattverträgen oder noch niedrigeren Erstattungspreisen gelten laut AOK als wirtschaftlich. Üblicherweise verhandeln laut AOK die Apotheker mit den Herstellern über die Anpassung der Listenpreise. So funktioniere das System beispielsweise in Berlin. In Brandenburg seien die Verhandlungen aber nicht so weit gediehen, so eine AOK-Sprecherin.

Deshalb seien als Ergänzung die Rabattverträge eingeführt worden. Diese hätten für die Hersteller den Vorteil, dass sie die Listenpreise nicht anpassen müssten, erklärt die Sprecherin. Trotzdem könnten sie es auf diese Weise auf die wirtschaftliche Liste schaffen. Hersteller, die bislang auf dieser grünen Liste stehen, können auch weiterhin wirtschaftlich abgegeben werden. „Das Verfahren verfolgt das Ziel, den Ärzten durch die Rabattverträge möglichst viele wirtschaftliche Optionen bei der Verordnung von Blutzuckerteststreifen zur Verfügung zu stellen“, so die AOK.

Die Verordnungshoheit liege weiterhin bei den Ärzten, betont die AOK. Die Mediziner erhielten Anfang Oktober eine Information zum Start der Verträge. Apotheker geben die Teststreifen entsprechend der Produktbezeichnung auf dem Rezept ab. Ein Austausch in der Apotheke ist nicht vorgesehen. Die AOK betont: „Es entstehen keine Konstellationen, in denen Versicherte einen Aufpreis für Blutzuckerteststreifen zahlen müssen.“

Mit der Ausschreibung für Brandenburg hat die AOK in den drei Ländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern jeweils unterschiedliche Systeme für Blutzuckerteststreifen etabliert. In Mecklenburg-Vorpommern haben sich Apotheker, Ärzte und Kassen auf ein Verfahren geeinigt, bei dem die Mediziner die Teststreifen generisch verordnen und die Apotheker das Produkt aussuchen. Sie erhalten für die Abgabe eine Pauschale von 19,95 Euro.

Die BKK Mobil Oil hat im Sommer Blutdruckmessgeräte ausgeschrieben – und den entsprechenden Hilfsmittelvertrag mit den Apotheken gekündigt. „Ausschreibungen im Bereich der Hilfsmittel werden bereits seit 2010 von vielen Krankenkassen praktiziert und sind vom Gesetzgeber ausdrücklich erwünscht“, erklärt eine Sprecherin der BKK Mobil Oil.

Voraussetzung sei, dass die Verträge zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen und in der Qualität gesicherten Versorgung zweckmäßig seien. „Diese sehen wir bei dem Hilfsmittel Blutdruckmessgerät, bei dem es sich um ein wenig erklärungsbedürftiges und einfach zu versendendes Hilfsmittel handelt, gegeben“, so die Sprecherin. An der Ausschreibung können sich sowohl Hersteller als auch Dienstleister wie Apotheken oder Sanitätshäuser beteiligen. Wer das beste Angebot macht, bekommt den Zuschlag.

Das Ausschreibungsvorhaben sei im Vorfeld mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) erörtert worden. Danach sei der Hilfsmittelvertrag letztlich nur für diese Produktgruppe gekündigt worden, der übrige Vertrag habe weiterhin Bestand, so die Sprecherin.

Der Rabattvertrag über die Blutdruckmessgeräte beginnt im neuen Jahr. Der Hilfsmittelvertrag über diese Produktgruppe wurde zwar schon zu Ende Juni gekündigt, bis Ende Dezember gilt aber eine Friedenspflicht. Bis dahin dürfen Apotheken noch Blutdruckmessgeräte abgeben. Danach werden Patienten exklusiv vom Ausschreibungsgewinner beliefert.

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