Anti-Korruptionsgesetz

„Staatsanwälte scharren mit den Füßen“

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Berlin -

Für das Anti-Korruptionsgesetz hat sich der Gesetzgeber mehr Zeit verordnet: Ursprünglich sollte es im ersten Quartal abgeschlossen werden, nun heißt es, vor dem Sommer soll das Gesetz stehen. Bis dahin können die Juristen intensiv Fälle konstruieren, die künftig erlaubt oder verboten sein könnten. Dr. Christian Tillmanns von der Münchener Kanzlei Meisterernst gibt Entwarnung: Nicht jeder Wettbewerbsverstoß sei ein Fall für den Staatsanwalt. Er warb beim Apothekenrechtstag auf der Interpharm für mehr Sensibilität.

Tillmanns betont, dass ein bloßer Verstoß gegen das Berufsrecht noch kein Straftatbestand sei: So seien Geschenke beispielsweise nicht an sich strafbar, sondern erst, wenn sie eine Gegenleistung für eine Pflichtverletzung seien. Genauso verhält es sich aus seiner Sicht mit der Zuweisung: Ein Verstoß gegen das Empfehlungsverbot ist aus seiner Sicht zunächst nur ein Verstoß gegen die Berufsordnung und kein Straftatbestand – zumindest solange die Empfehlung nicht an eine Gegenleistung geknüpft ist.

Tillmanns räumt ein, dass diese Sichtweise sehr dogmatisch sei und sich die Staatsanwaltschaften jeden Fall sehr genau anschauen würden. Womöglich würde schon die Quantität als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung gesehen. Aber per se sei keine Strafbarkeit gegeben – anders als bei Zuweisungsprämien.

Der Druck bei den Ermittlungsbehörden ist aus seiner Sicht groß: „In Bayern gibt es Schwerpunktstaatsanwaltschaften mit sechs eingestellten Staatsanwälten, die schon mit den Füßen scharren.“ Der Frust bei den Ermittlungsbehörden sei groß, sagt Tillmanns mit Blick auf die aktuellen Berichte über Zyto-Deals.

Bei Kooperationen unterscheidet Tillmanns zwischen verschiedenen Fallgruppen: Einige Kooperationen, etwa zwischen Ärzten und Krankenhäusern oder im Rahmen der integrierten Versorgung, seien im Anti-Korruptionsgesetz erwünscht. In anderen Fällen ist die Zusammenarbeit anderweitig freigegeben: Die Abgabe anwendungsfertiger Zytostatikazubereitungen und das Entlassmanagement nennt Tillmanns als Beispiel. Auch in diesen Fällen ist die Zusammenarbeit erlaubt.

Schwieriger ist die Bewertung von Kooperationen, die nicht gesetzlich geregelt sind, etwa die Vermietung von Praxisräumen deutlich unter dem marktüblichen Zins. Aus Tillmanns Sicht muss man dann die Frage stellen, wo die Gegenleistung liegt. Ist es in diesem Fall nur die Hoffnung, dass mehr Patienten in die Apotheke kommen, ist die Vermietung seiner Meinung nach vielleicht ein Verstoß gegen das Berufsrecht, aber nicht strafrechtlich sanktionierbar. Auch Darlehen von Apothekern an Ärzte seien möglich – „nur nicht als Gegenleistung dafür, dass der Arzt Rezepte zuweist oder Patienten in die Apotheke schickt“, so Tillmanns.

Er empfiehlt, unbedingt das Äquivalenzprinzip zu beachten, also die Angemessenheit der Gegenleistung. Denn nicht jeder Verstoß sei automatisch strafrechtsrelevant und werde sanktioniert. Wichtig sei Transparenz. Umgehungsmodelle seien schließlich ein wichtiges Indiz für eine Unrechtsvereinbarung. Tillmanns empfiehlt Augenmaß.

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