ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Versteckte Details der Amtsübergabe Alexander Müller, 11.12.2021 07:58 Uhr

„Funfacts“ und Kleinigkeiten: Bei der Amtsübergabe von Jens Spahn (CDU) an seinen Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) fielen mehrere Details auf.
Berlin - 

Sehr gesittet und mit ausgesuchten Höflichkeiten ging die Amtsübergabe des nunmehr ehemaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) an seinen Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) über die Bühne. Aber es gibt ein paar „Funfacts“ und Kleinigkeiten, die nicht auf den ersten Blick zu sehen waren.

Spahn bleibt Hausherr
Lauterbach hatte das eigentlich als Scherz gemeint: Nachdem Spahn fälschlicherweise noch einmal als „Herr Minister“ angesprochen worden war, habe er sich gefreut, sagte Lauterbach. Weil das Land gut zwei Gesundheitsminister gebrauchen könnte. Was Lauterbach nicht weiß: Zu Spahns obskuren Immobiliendeals zählt eine diskrete Grundbuchänderung, wonach er Eigentümer des Grundstücks Friedrichstraße 108 ist. Ja, das ist richtig: Das Bundesgesundheitsministerium GEHÖRT Spahn. Und er kann jederzeit Eigenbedarf anmelden und wieder einziehen.

Spahns Strategie
In der Linken hält Spahn einige Zettel. Dabei handelt es sich aber nicht um seine Abschiedsrede, sondern um seine persönlichen Aufzeichnungen zu seiner langfristigen Pandemie-Strategie. Als Lauterbach später allein im Ministerbüro die Zettel auffaltet, sind es nur drei Blatt weißes Papier. Da muss es wohl eine Verwechslung gegeben haben.

Der Nussknacker
Lauterbach bekam zum Amtsantritt einen Nussknacker geschenkt. Nicht, weil er genau wie einer gucken kann, sondern weil er so viele harte und dicke Nüsse zu knacken haben wird. Das ist wohl so Beamtenhumor. Spahn konnte nicht lachen, sondern knirschte mächtig mit den Zähnen. Nicht, weil er auch wie ein Nussknacker aussehen kann, sondern weil ihm dieses nützliche Gerät vier Jahre lang vorenthalten wurde.

Lauterbachs Liste
Lauterbach hatte sich während der letzten vier Jahre Notizen gemacht, was er als Minister alles besser gemacht hätte. Eigentlich wollte er die 60 eng beschriebenen Seiten gleich zum Amtsantritt vorlesen, doch sein Berater Markus Lanz hatte ihm davon abgeraten.

Die Challenge
Lauterbach und Spahn hatten vorab gewettet, wer beim Handschlag länger die Luft anhalten kann. Das Foto ist bei Minute 2‘15‘‘ aufgenommen. Spahns Mimik wirkt gelassener, aber seine Hand ist schon ganz weiß.

Echte Riesen
Was die Kameras oft verzerren: Spahn und Lauterbach sind beide enorm groß. Das fällt nicht auf, wenn sie nur zu zweit im Bild sind. Hier gibt es aber Referenzen: Die beiden Tannenbäume im Hintergrund sind 3,50 m hoch und der im Vordergrund stehende Herr 1,83 m.

Beide Gewinner
Nach der Amtsübergabe wurde sowohl dem Ex-Minister als auch seinem Nachfolger jeweils einer der begehrten Gala-Lächel-Awards verliehen: Spahn für das kälteste Lächeln 2021, Lauterbach für das versteckteste.

Jetzt mal ernsthaft: Lauterbach kommt mit ungewöhnlich vielen Vorschusslorbeeren ins Amt. Selbst die Apothekenteams scheinen die Verfehlungen früherer Tage vergessen zu wollen und geben dem SPD-Mann eine faire Chance. Als Corona-Manager trauen sie ihm laut einer aposcope-Umfrage jedenfalls mehr zu als seinem Vorgänger. Vom Apothekenschreck zum Hoffnungsträger.

Seine beiden auserkorenen Staatssekretäre haben sich allerdings auch schon für schmerzhaft klingende Reformen des Apothekenhonorars stark gemacht. Wohin geht also die Reise? In unserem Podcast NUR MAL SO ZUM WISSEN haben wir einiges über Lauterbach zusammengekehrt und ein bisschen spekuliert.

Zunächst will sich der neue Minister einen Überblick über die tatsächlich verfügbaren Impfstoffe verschaffen und einmal gründlich Inventur machen. Das klingt beruhigend und bedenklich gleichermaßen. Tatsächlich dürfte bei der nächsten Bestellung schon wieder Impfstoff fehlen. Und der Kinderimpfstoff kommt auch etwas später als gedacht. Die Stiko hat ihre Empfehlung ausgesprochen, vorerst allerdings nur für vorerkrankte Kinder oder solche mit Kontakt zu Risikopatient:innen. Mit dem Zusatz: Alle anderen dürfen sich bei individuellem Wunsch ebenfalls impfen lassen. Verständliche Entscheidung, aber wenig hilfreich, weil die Verantwortung jetzt bei den Eltern und Kinderäzt:innen liegt.

Und demnächst bei den Apotheker:innen, denn Bundestag und Bundesrat haben grünes Licht gegeben. Mancher Inhaber kann es gar nicht erwarten, endlich loszulegen, andere Apotheken haben schon mehr als hundert Termine im Januar vergeben. Hoffentlich ist dann genug Impfstoff da – vielleicht findet Minister Lauterbach ja noch irgendwelche vergessenen Bestände.

Einen Vorteil hätten die Impfungen in Apotheken auf jeden Fall: Die Sache mit den Zertifikaten wäre leichter. Denn nicht jeder Impfpassfälscher ist so doof und reicht seine Fälschungsanleitung gleich mit in der Apotheke ein. Ein anderer Kollege erhält plötzlich anonyme Post, in dem ihm vorgeworfen wird, falsche Zertifikate und Testergebnisse auszustellen. Er kann damit nur überhaupt nichts anfangen und vermutet einen Mitbewerber oder durchgeknallten Corona-Leugner hinter der Aktion.

Und während Omikron die Virologen und Impfstoff-Produzenten in Atem hält und neue Studien beunruhigende Daten liefern, rückt das Jahresende näher – und damit eigentlich der Start des E-Rezepts. Doch allmählich macht sich die Gematik mit ihrem starren Festhalten am Termin lächerlich, da nun schon Apothekensoftwarehäuser ihre Kund:innen davor warnen, elektronische Verordnungen anzunehmen. Herr Lauterbach, übernehmen Sie! Schönes Wochenende!