Pflege

Union will Pflege-TÜV überarbeiten

, , Uhr aktualisiert am 04.02.2015 15:35 Uhr
Berlin -

Der Pflege-TÜV mit Schulnoten für Pflegeheime steht in seiner heutigen Form wegen mangelnder Aussagekraft vor dem Aus. Ein für Sommer angekündigter Gesetzentwurf zur weiteren Reform der Pflegeversicherung soll Vorgaben für Verbesserungen machen, wie eine Sprecherin von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte. 

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn kritisierte in der Süddeutschen Zeitung: „So, wie das heute läuft, ist es einfach nur ein Desaster.“ Fast jede Einrichtung in Deutschland habe die Note eins. „Erst kürzlich musste in Bonn ein Heim wegen eklatanter Mängel geschlossen werden, das die Pflegenote eins hatte.“

Gröhe hatte bereits im November gesagt: „Es geht darum, dass wir einen echten Pflege-TÜV schaffen, der seinen Namen verdient.“ Spahn hingegen forderte gleich die komplette Abschaffung des Pflege-TÜV: „Wenn etwas nach all den Jahren nicht klappt, dann sollten wir es einfach mal streichen.“

SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis hielt dem entgegen: „Das Instrument zu verteufeln, hilft den Pflegebedürftigen und Angehörigen nicht weiter.“ Es brauche aber dringend eine Nachbesserung. Spahn schlug nun eine Veröffentlichung der Heim-Prüfungs-Berichte des Medizinischen Diensts vor.

Das hält auch der Sozialverband VdK für eine gute Idee. Die Prüfberichte, die Teil des Pflege-TÜV seien, seien eine sinnvolle Grundlage zur Bewertung von Pflegeeinrichtungen – sie müssten nur besser genutzt werden. Das derzeigte Pflegebenotungssystem gehört aus Sicht des VdK abgeschafft. „Eine Fünf wegen unbehandelter Druckgeschwüre lässt sich durch eine Eins für die Mitwirkung der Bewohner an der Gestaltung der Gemeinschaftsräume ausgleichen“, kritisiert Verbandspräsidentin Ulrike Mascher.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) forderte „rasch deutliche Verbesserungen“. Statt der Dokumentation müsse künftig der Mensch stärker im Mittelpunkt stehen. „Richtig verstandene Dokumentation in der Pflege ist zwar ein Instrument der Qualitätssicherung. Aber es muss kritisch hinterfragt werden, was wirklich dokumentiert werden muss“, so Huml.

Elisabeth Scharfenberg (Bündnis 90/Die Grünen), Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik, erklärte, es sei von Anfang an klar gewesen, dass der Pflege-TÜV nicht funktionieren könne, und lieferte eine Alternative: „ Wir wollen ein unabhängiges Institut mit der Erarbeitung der Qualitätsanforderungen in der Pflege beauftragen.“ In der nächsten Sitzungswoche wolle die Fraktion erneut einen Antrag mit dieser Forderung einbringen.

Einig sind sich alle Beteiligten über die Gründe des „Desasters“: Laut Gesetz handelt die Selbstverwaltung aus Krankenkassen und Pflegeanbietern das Pflege-TÜV-System selbst aus. Die Kassen fordern die Entmachtung der Heimbetreiber hierbei, damit richtig benotet werden kann. „Der GKV-Spitzenverband fordert seit längerem die Entscheidungskompetenz über die Pflegenoten-Systematik“, sagte eine Verbandssprecherin. Der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes der Kassen, Peter Pick, sagte: „Ursache für die geringe Aussagekraft des Pflegenotensystems ist der Einfluss der Pflegeanbieter. Das Aussetzen der Pflegenoten würde gerade diejenigen belohnen, die mehr Transparenz bislang blockiert haben.“

Das Gröhe-Ressort ließ offen, wie die Reform genau aussehen soll. Eine Sprecherin sagte: „Es ist nicht hinnehmbar, dass sich Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen gegenseitig blockieren und auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen.“ Die Entscheidungsstrukturen für die Selbstverwaltung sollten so verändert werden, dass mehr Transparenz erreicht werde. „Wir werden im Pflegestärkungsgesetz für diesen Prozess klare zeitliche Fristen setzen.“ Ein ersatzloses Streichen der Pflege-Noten lehnte sie ab.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte: „Jetzt sollte ein Gesetzentwurf kommen und keine Absichtserklärungen im Wochen-Rhythmus.“ Kernfächer einer Benotung müssten sein: medizinische Versorgung, Wund-Therapie, Hilfen für Demente und Sterbende und die Ernährung.

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