Schweiz

Krankenkasse kämpft gegen Bayer

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Berlin -

Bayer steht wegen der Nebenwirkungen von Drospirenon in der Kritik. Meist sind es Frauen, die nach der Anwendung der Präparate Yaz, Yasmin oder Yasminelle zu Schaden gekommen sind und klagen. In der Schweiz geht auch eine Krankenkasse gegen den Pharmakonzern vor.

Unter dem Motto „Céline contra Yasmin“ hat sich ein Einzelfall bei den Eidgenossen besonders herumgesprochen: 2008 hatte eine damals 16-Jährige mit der Einnahme von Yasmin begonnen; kurze Zeit später erlitt sie ein schweres venöses thromboembolisches Ereignis (VTE). Dadurch kam es zu einem Sauerstoffmangel, heute ist die junge Frau schwerstbehindert.

Ihre Familie führt den Vorfall auf das Medikament zurück und klagte. An ihrer Seite trat die Krankenversicherung CSS als Nebenklägerin auf. Den entscheidenden Streit vor dem Bundesgericht gewann im Januar Bayer. „Mit diesem Urteil ist der juristische Weg ausgeschlossen. Doch es gibt immer noch den wissenschaftlichen und den politischen Weg“, hieß es von der Versicherung, die jetzt auf der eigenen Webseite eine offensive Kampagne gestartet hat.

Bei der Kasse geht man davon aus, dass nicht nur der einzelne Patient betroffen ist, sondern dass durch Nebenwirkungen auch der Versichertengemeinschaft enorme Schäden entstehen. Auf der Internetseite der CSS wird aktuell ausdrücklich auf die Gefahren der Antibabypille hingewiesen. Dort heißt es an prominenter Stelle: „Yasmin – macht Bayer falsche Angaben? Eine Analyse der Risikoinformationen zur Antibabypille Yasmin zeigt: Die Risiken werden verwirrend, unvollständig oder gar falsch dargestellt.“

In einem Faktenblatt greift ein Institut der Kasse die Aussage Bayers auf, dass bei jeder Antibabypille ein Risiko für eine Thrombose bestehe. Eine Schwangere habe ein höheres Risiko als eine Patientin, die Yasmin einnehme, zitiert die Kasse den Hersteller. „Das stimmt nur dann, wenn Sie beispielsweise eine ältere Frau sind, die im fortgeschrittenen Alter in zehn Jahren sieben Kinder zur Welt gebracht hat“, so der bissige Kommentar zu der Behauptung.

Mit ihrer Klage hatte Célines Familie umgerechnet knapp 4,9 Millionen Euro Schadenersatz und etwa 368.000 Euro als Entschädigung von Bayer gefordert. Ihrer Auffassung nach fehlen in der Packungsbeilage Informationen über das erhöhte Risiko von Embolien. Das Gericht entschied in dritter Instanz aber, das der Hersteller nicht dafür haftbar gemacht werden könne.

Den Patienten fehle bei rezeptpflichtigen Medikamenten normalerweise das nötige Fachwissen, um Gefahren einschätzen zu können. Somit sei hier ohnehin das Wissen des Arztes einzubeziehen. Dass Bayer somit aus der Verantwortung genommen wird, wollte die CSS nicht hinnehmen.

Für die Folgeschäden müsse man 2,5-mal mehr ausgeben als für alle Verordnungen der Pille zusammen. Bei Präparaten ohne Drospirenon wären die Risikokosten hingegen geringer. Während der Hersteller Gewinne mit Drospirenon erwirtschafte, gingen die Behandlungen der Nebenwirkungen auf Kosten der Allgemeinheit, so die Versicherung. Hinzu kämen die teilweise tragischen Einzelschicksale.

Die Kasse greift auch Swissmedic dafür an, Yasmin überhaupt zugelassen zu haben. Die Arzneimittelbehörde wehrt sich laut „Neue Luzerner Zeitung“ gegen diese Anschuldigung. Die CSS vermische den Wissenstand von 2008, als Céline erkrankte, mit dem von heute. Trotzdem sei das Thromboserisiko bei der Einnahme von Kontrazeptiva ein wichtiges Thema, weshalb bereits Anpassungen und Korrekturen in der Patienteninformation vorgenommen wurden.

In etwa 9500 Fällen hat Bayer bereits insgesamt 1,75 Milliarden Euro Entschädigung gezahlt, vor allem in den USA. Auch in Frankreich kamen Fälle vor Gericht; inzwischen ist auch der erste Prozess in Deutschland angelaufen. Bisher hat sich Bayer mit den Klägerinnen auf einen Vergleich einigen können.

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