Koalitionsverhandlungen

Das schwarz-rote GKV-System

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Berlin -

Die Krankenkassen können künftig wieder unterschiedlich hohe prozentuale Beitragssätze erheben. Dafür sollen die pauschalen Zusatzbeiträgen in Euro und Cent verschwinden. Der Pflegebeitrag soll spätestens 2015 um 0,3 und später um weitere 0,2 Prozentpunkte erhöht werden. Darauf haben sich Union und SPD geeinigt. Die Opposition kritisierte, die Versicherten müssten die Zeche zahlen.

Die Arbeitgeber sollen nicht zur Deckung der zu erwartenden Kostensteigerungen bei Gesundheit in zweistelliger Milliardenhöhe herangezogen werden. „Das ist ein wichtiges Signal für die Arbeitsplätze in Deutschland, dass der Arbeitgeberanteil festgeschrieben bleibt“, sagte CDU-Verhandlungsführer Jens Spahn.

Für die SPD ist das Ende der Zusatzpauschalen zentral. „Das ist heute das historische Ende der Kopfpauschalen“, sagte Chef-Unterhändler Professor Dr. Karl Lauterbach. Er empfehle der SPD-Basis eine Annahme des Kompromisses beim Mitgliederentscheid zur Koalition.

Die Zusatzbeiträge in Euro und Cent zulasten der Versicherten können Krankenkassen heute einfordern, wenn sie nicht genug Geld aus dem Gesundheitsfonds bekommen. Der Beitragssatz soll bei 14,6 Prozent des Einkommens fixiert werden. Die Kassen können aber laut Kompromiss prozentuale Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern verlangen.

Heute liegt der Beitragssatz bei 15,5 Prozent, wovon die Arbeitgeber aber nur 7,3 Prozent, die Arbeitnehmer 0,9 Punkte mehr zahlen müssen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil sollen künftig bei 7,3 Prozent bleiben. Der prozentuale Zusatzbeitrag dürfte zunächst bei den meisten Kassen bei den 0,9 Prozent liegen, die heute der Sonderbeitrag ausmacht. Aber sie können diesen Satz auch individuell senken oder erhöhen. Experten erwarten wegen steigender Kosten ab 2016 höhere Prozentsätze bei vielen Kassen.

Ein Sozialausgleich aus Steuermitteln ist nicht mehr vorgesehen – durch die prozentuale Erhebung werden Geringverdiener automatisch geringer belastet. Alle Beitragseinnahmen sollen über den Gesundheitsfonds so ausgeglichen werden, dass Versicherungen mit vielen Geringverdienern nicht schlechter gestellt sind.

In der Pflege gilt derzeit ein Beitragssatz von 2,05, für Kinderlose von 2,3 Prozent. Die Erhöhung um 0,3 Punkte brächte rund drei Milliarden Euro ein. Mit zwei Milliarden sollen Leistungen verbessert werden. Zudem soll ab 2015 damit die allgemeine Teuerung in den Leistungen ausgeglichen werden.

Rund eine Milliarde Euro pro Jahr soll in einen neuen Pflegevorsorgefonds fließen. Diese Rücklage hatte die Union gefordert – für den steigenden Pflegebedarf. Er soll von der Bundesbank verwaltet werden. In einem zweiten Schritt sollen weitere 0,2 Prozentpunkte für die Pflege dazukommen: Alle Demenzkranke sollen Leistungen erhalten.

Die Grünen-Politikerinnen Maria Klein-Schmeink und Elisabeth Scharfenberg kritisierten, bei den Finanzen gehe es zulasten der Versicherten. „Das werden die Krankenversicherten sehr schnell zu spüren bekommen.“

Kathrin Vogler von der Fraktion Die Linke zog den Schluss: „Die Interessen der Arbeitgeber haben in der Großen Koalition oberste Priorität.“ Kassenverbands-Chefin Dr. Doris Pfeiffer lobte die geplante Finanzautonomie der Kassen. Arztverbände kritisierten die Pläne.

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