Nutzenbewertung

Gliptine überzeugen IQWiG nicht

, Uhr
Berlin -

Mit Spannung war die Nutzenbewertung der Gliptine erwartet worden. Die

DDP4-Hemmer waren die ersten Wirkstoffe aus dem Bestandsmarkt, die sich

den Prüfern des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im

Gesundheitswesen (IQWiG) stellen mussten. Zusätzliche Brisanz gewann das

Verfahren, weil zuvor der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bei dem neu

eingeführten Kombinationspräparat Komboglyze (Saxagliptin/Metformin)

Anhaltspunkte auf einen geringen Zusatznutzen gesehen hatte – das IQWiG

aber nicht. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Laut IQWiG hat nur die

Kombination von Sitagliptin und Metformin womöglich einen Zusatznutzen.

Ansonsten fehlt es wieder größtenteils an verwertbaren Daten und vor

allem an Langzeituntersuchungen.

Untersucht wurden die drei noch auf dem Markt befindlichen Gliptine und ihre Kombinationen: Sitagliptin (plus Metformin), Vildagliptin (plus Metformin) und Saxagliptin. Alleine für die Sitagliptin-Präparate hatte der G-BA fünf Indikationen differenziert und jeweils verschiedene zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt.

Als Monotherapie zeigten die vorgelegten Daten keinen Vorteil von Sitagliptin. In der freien Kombination mit Metformin gibt es laut IQWiG eine Studie, die Anhaltspunkte für einen geringen Zusatznutzen gegenüber Sulfonylharnstoffen wie Glimepirid liefert, allerdings nur, sofern normnahe Blutzuckerwerte das Ziel der Therapie sind.

Im Vergleich zu dem in Deutschland nicht zugelassenen Sulfonylharnstoff Glipizid ist der Zusatznutzen wegen weniger Todesfällen bei Männern sogar erheblich, für Frauen aber nicht quantifizierbar.

Für die Kombination mit Sulfonylharnstoff, die Kombination mit Metformin und Sulfonylharnstoff sowie die Kombination mit Insulin ist ein Zusatznutzen nicht belegt, weil geeignete Daten fehlten oder gar keine Daten vorgelegt wurden.

Dasselbe gilt für die beiden anderen Wirkstoffe: Viele der bisher durchgeführten Studien sind laut IQWiG nicht geeignet, die Frage des Zusatznutzens zu beantworten. Für einige Indikationen haben die Hersteller demnach selbst gar keine Daten im Dossier vorgelegt, weil es keine entsprechenden Studien gibt. In anderen Fällen hätten die Hersteller Studien vorgelegt, die nicht die interessierende Patientengruppe untersucht hatten oder in denen die Vergleichstherapien nicht gemäß Fachinformation eingesetzt und damit „benachteiligt“ wurden.

Obwohl teilweise bereits seit 2007 auf dem Markt, wurden für keinen der bewerteten Wirkstoffe Langzeitstudien vorgelegt. Dies sei „völlig inakzeptabel“, so die Prüfer.

„Hersteller reklamieren für die Gliptine Vorteile, ja, einen Therapiefortschritt. Diese subjektive Überzeugung stellen wir nicht in Abrede. Unsere Aufgabe ist es jedoch, nüchtern zu prüfen. Und dabei müssen wir feststellen, dass die Hersteller bisher nicht in der Lage sind, diesen Therapiefortschritt auch in Studien zu belegen. Hier besteht dringender Nachholbedarf“, sagte IQWiG-Chef Professor Dr. Jürgen Windeler. „Das ist für alle Beteiligten ein unbefriedigendes Ergebnis – nicht nur für die Hersteller, sondern auch für die Patienten und ihre behandelnden Ärzte.“

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