Mit einem verächtlichen Tweet zum Werbeverbot für Abtreibungen hat die SPD-Abgeordnete Eva Högl Entrüstung beim politischen Gegner ausgelöst. Es sei ja „so schön einfach und billig“ auf die SPD zu schimpfen, hieß es in einem über ihr Twitter-Konto verbreiteten Beitrag. „Wie wär's damit, mal die widerlichen 'Lebensschützer*innen' in Union in den Blick zu nehmen und zu kritisieren?“ Kurz darauf wurde der Tweet gelöscht und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Högl nahm ihn zurück.
Hintergrund ist das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, das in Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs geregelt ist. Die SPD ist für eine Reform, verzichtete aber aus Rücksicht auf die große Koalition auf ihren Reformvorstoß. Die Bundesregierung soll nun einen Vorschlag vorlegen.
Die CSU warf Högl nach ihrem Tweet eine „ungeheuerliche Entgleisung“ vor. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte der Süddeutschen Zeitung, Högl seien „da wohl alle Sicherungen durchgebrannt: Nicht der Schutz des Lebens ist widerlich, sondern die Äußerung von Frau Högl“. Die CSU bekenne sich „zum Schutz des menschlichen Lebens und zum Schutz der Menschenwürde, gerade in Grenzsituationen“.
Högl selbst löschte den Tweet. „Ich habe heute einen sehr emotionalen Tweet gelöscht, dessen Aussage ich damit zurücknehme. Es liegt mir fern mit pauschalen Zuweisungen Einzelne persönlich zu beleidigen“, schrieb sie auf Twitter. Es störe sie, dass die Diskussion um den Paragrafen 219a instrumentalisiert werde. „Dabei wird unser ehrlicher Einsatz, Rechtssicherheit für Ärzt*innen herzustellen, zu Unrecht diskreditiert.“ Sie wolle sich weiter für eine gute Lösung einsetzen.
Die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer reagierte ebenfalls. „Es ist absolut notwendig, dass Sie den Tweet gelöscht und die damit verbundene Aussage zurückgenommen haben. Es gibt Aussagen, die keine Emotion rechtfertigt. Leben zu schützen ist nicht 'widerlich', sondern muss oberstes Ziel aller Demokraten sein auch in der SPD“, schrieb sie auf Twitter.
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat den auch parteiintern erhobenen Vorwurf zurückgewiesen, im Streit über das Werbeverbot für Abtreibungen gegenüber der Union eingeknickt zu sein. „Nein, wir sind nicht eingeknickt. Die Union ist in der Sache auf uns zugegangen, indem sie anders als vor zwei Wochen nun bereit ist, etwas bei dem Thema zu machen“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“. „Wir sind im Gegenzug beim Verfahren auf die Union zugegangen.“
Die SPD hatte vor dem Zustandekommen der großen Koalition einen Antrag in den Bundestag eingebracht, den Paragrafen 219a abzuschaffen, der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Grund war ein Urteil gegen eine Ärztin, die auf ihrer Internetpräsenz darüber informiert hatte, dass sie solche Eingriffe vornimmt. Die Union wollte das Verbot deshalb unangetastet lassen, weil sie zügellose Werbung für die Abtreibung ungeborenen Lebens befürchtet. Nahles und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) einigten sich zu Wochenbeginn, die neue Regierung mit einem Regelungsvorschlag zu beauftragen.
„Justizministerin Katarina Barley wird sich darum kümmern. Die Kanzlerin hat auch zugesagt, dass sie dieses Vorgehen unterstützt. Es muss Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte geben“, erklärte Nahles.
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